8. Februar 2023
Von Hannes Schweiger

FR  03. Februar 2023
Ordentlich aufgetischt 
RICHARD KOCH QUARTET& FABIAN RUCKER
Richard Koch (tp), Michael Hornek (p), Lukas Kranzelbinder (b), Herbert Pirker (dr, perc) & Fabian Rucker (ts),

Ein Tullner der einst auszog die Jazz-Welt zu erfahren, in sie einzutauchen. Schon längstens in Berlin lebend, ist er dort ebenso im avancierten Pop-/Rock-Umfeld mit seiner Trompete ein höchst geschätzter Klangspender. Der zumeist mit gestopftem Instrument und Wah-Wah Effekt das Salz zur Suppe beisteuert. Seine Kontakte zum österreichischen Jazztreiben hielt er jedoch immer am köcheln. Ergo hat er wiedermal ein paar „Spitzenreiter“ jenes Treibens zum „Mitstreit“ eingeladen. In Kochs Spiel/Musik verdeutlicht sich ein Hang zu Mariachielementen und Township-Musik. Originell und respektvoll zitiert mit strahlkräftigem, wandlungsfähigem Ton. Er phrasiert mit einer revitalisierten Hard Bop-Funkyness. Mit zumeist offener Trompete und ohne Effektgeräte.

Diese Spielauffassung durchzieht auch die Materialordnung von Kochs Kompositionen. Doch ist eigenwillig strukturierte Kantigkeit hinzugesetzt. Und der improvisatorischen Vollendung gehört der meiste Raum. Darin ist jeder der Beteiligten magnifikant. Der Trompeter intensivierte die Linearität seines Spiels mit Growls und Soundspäßchen a la Lester Bowie und war auch ebenso wie Pianist Hornek und Fabian Rucker(der im zweiten Set einstieg) am Tenor melodisch nicht aufzuhalten. Hornek setzte der offenen Harmonik der Stücke immer wieder Glanzlichter auf, Blockakkordik und Einzeltonfolgen wirkten äußerst elastisch. Verschränkt mit ebensolchem Spielwitz der Partner, erlangte sogar der aufgegriffene, leichtgewichtige „Herb Alpert Tijuana Sound“ nachdrückliche Aussage. Ansonst oftmals Assoziationen  südafrikanischer Township-Klänge, die dann auch mit entsprechender rhythmischer Raffinesse aufgeladen sind. Diesbezüglich war die Band immer in der gleichen Bewegung. Dass ständig Flexibilität, pulsierender Drive dieses überschäumende Musikvergnügen beleben, geht auf die Kappe von Lukas Kranzelbinder, substantiell im Ton, punktgenau mit Off-Beats, und Herbert Pirker, der für den erkrankten Lukas König einsprang. Absolute Spezialisten im Umgang mit ungeraden und wechselnden Taktarten, polyrhythmischen Schichtungen. Entscheidendes macht auch die ungehemmte Spielfreude aus, mit der die Musiker all das aufbereiten. Pirker rumorte mit irrwitzigen Schlagfiguren, Akzentuierungszaubereien oder soufflierte mit feinziselierten Beatimpulsen. Herbert Pirker eben, mehr braucht nicht gesagt werden. Ein zusätzliches Schäuferl an Energie legte dann Fabian Rucker nach. Sowohl was sein Unisono-Spiel bzw. kontrapunktisches Interagieren mit Koch anlangt, als auch seine frenetischen Tenorsoli betraf.  Souverän das komplette Register seines Instrumentes handhabend. Sein markant rauer Ton hallt vor großer Bluesaffinität wider und ist gleichfalls nahe am kontrollierten Schrei. Das Verspüren der „Jazzseele“ bestimmend miteinbezogen. Demzufolge schraubte sich die Inspirationsspirale nochmals nach oben. So folgten auf modal kalkulierte Texturkonventionen genauso selbstverständlich Klang- und Formfreiheit in kollektiven Diskursen. Es brach ziemliche Profilstärke hervor. Final ließ es sich in eine ergreifende Deutung des Dollar Brand Stückes „Whoza Mtwana“ eintauchen. Das war hymnischer Bildersturm. Fazit: Ausgesprochen beglückendes Vergnügen dieser ungemein positiv vibrierende Musikrausch.