31. Januar 2023
Von Hannes Schweiger

MO 23. Januar 2023
Unerfülltes Wunschdenken
DEREK PLAYS ERIC
Andreas Willers (e-g, voice), Jan Roder (e-b), Christian Marien (dr, perc)

Fraglos last sich das schön ausmalen: Derek Bailey, verstorbener stilistischer Solitär und Gitarreninnovator der frei improvisierten Musik, trifft Eric Clapton, Rockgitarrenheld der ersten Stunde. Man geht wahrscheinlich nicht sehr fehl in der Annahme, dass die beiden Größen so unterschiedlicher musikalischer Universen sich dennoch kannten oder zumindest irgendwann begegnet sind. Eine Kooperation stand mit Sicherheit jedoch nie jemals im Raum. Nach fantasierenden Scherzereien, so die Eigendarstellung, fassten drei Leuchten des avancierten Berliner Jazzzirkels sich ein Herz, die Fiktion einer derartigen Zusammenkunft nachzuempfinden und öfter mal vorzuspielen. Im ersten Teil des Konzertes stellte das Trio vorwiegend Eigenkompositionen, der Hauptanteil lag bei Willers, zur Diskussion. Gehört wurde ein Konglomerat eines Ansatzes von „Free Rock“ mit etwas schräggestelltem Modern Jazz. Gelegentlich in offene Formfindungsmomente, Klangfarbendiskurse ausschwärmend. Brüllende Akkorde lösten sich mit trocken angelegtem Single Note-Getrippel ab – von harmonischer/melodischer Seite. Rhythmisch rockte es ein wenig zu verhalten, der nötige Punsch wurde oftmals ausgedünnt. Das lag im Ermessen des Schlagzeugers der betreffend Rockmetier einigermaßen fremdelte. Auch die Vertrautheit seiner Partner mit diesem Idiom half ihm nicht heraus. Vor allem der meisterliche Allrounder Roder warf fortwährend satte Hooklines, spannungsgenerierende Off-Beat Akzente ins Geschehen. Seine eigengeführten Basslinien groovten allemal. Willers traf in seinem originellen Amalgam aus Rock- und Jazzgenen schon immer wieder ins Schwarze. Speziell mit seinem Sound. Nahm, ab und an Noiseausbrüche evozierend, die Funktionsharmonik gleichsam ordentlich in die Mangel. Trotzdem wirkte Willers im Zuge seiner akkordischen Fortschreitungen phasenweise zu fahrig. So geriet dann der rockige Back Beat öfters ins Schwanken. Löste sich diese Phase in rein klangfarblich angelegte Improvisationen mit zeitlich frei entwickelten Schwebezuständen auf, erklangen die dichtesten wohl auch intensivsten Aggregatzustände. Dann zeigte Schlagzeuger Marien mit seinem eigentliches Können auf. Von einer Reflexion über die einzigartige, einen non-linearen Entwicklungsprozess verfolgende Spalt- und Splitterklang-Ästhetik des Derek Bailey und der gesuchten stringenten Verschränkung mit Claptons bluesgetränkter, relaxter Spielweise war bis zu diesem Zeitpunkt nichts zu hören. Ebenso wenig ließ sich dies im zweiten Teil des Konzertes wahrnehmen. Vielmehr gab´s ein Cover des Jack Bruce Stückes „Politician“, eine etwas neblige Version von „Good Bye Pork Pie Hat“ sowie Interpretationen von Gentle Giant bzw. Mahavishnu Orchestra Stücken. Deren Vielschichtigkeit und struktureller Kunstgriffigkeit konnte nicht Rechnung getragen werden. Hier war ebenso wieder der Schlagzeuger ziemlich in der Zwickmühle. Nötiger Drive und Würze kamen seinerseits nicht über die Rampe. Abermals, wenn es in die jazzrhythmischen, -harmonischen Gefilde ging und deren offene improvisatorische Auslegung anstand, die Interaktion wirklich durchdringend war, errang die Musik Dringlichkeit. Schönes Beispiel die Aufbereitung des Gateway(Abercrombie/Holland/DeJohnette) Stückes „May Dance“. Bilanzierend konstatiert: Derek und Eric winkten sich nur aus der Ferne zu.