7. Oktober 2022
Von Hannes Schweiger

DI  04. Oktober 2022
Nicht ohne diesen Drummer
RUDY LINKA TRIO
Rudy Linka (e-g), Christiaan van Voorst van Beest (b), Rudy Royston (dr)

Jim Halls lyrische Wesenhaftigkeit, die dieser mit den Formmitteln delikater Harmonien, geschmeidiger Melodieerfindungen, untrügerischer Rhythmik zur Vollendung brachte, ist stilbildend für die Ästhetik des tschechischen Wahl-New Yorkers Rudy Linka. Genau skizzierte Phrasierung, Artikulation und glasklare Intonation sind weitere Merkmale die Linka von den Gitarren-Innovatoren des Modern Jazz für sein Spiel im Eigenmaß adaptiert hat. Durch Akkordeinstreuungen aufgelockerte Single Note Fortschreitungen formen das Skelett der kompakt angelegten Stücke. Durchwegs Originale von Linka. Monks „Bye-Ya“, in einer leichtfüßigen Version, bildete die Ausnahme. Geschickt entwickelte der Gitarrist das melodisch Thematische in den Improvisationen weiter. Im modalen Antlitz turnte Linka durch die Skalen. Da sprudelte nichts weniger als Einfall auf Einfall hervor. Epigonal resistent subsummiert Linka in seinem geschmeidigen Spiel gleichfalls Einflüsse großer Stilisten seiner Generation. Pat Metheny, John Scofield wären da anzuführen. Besonders einflussreich war John Abercrombie, was sich auch in Linkas schneidigem Ton und dem gezielten Miteinbezug, in schlanker Form, von Rock-Parametern äußert. Rhythmisch sattelfest ist er obendrein. Das liegt auch beim Bassisten mit dem zweitlängsten Namen in bestens Händen.  Der „walkte“ galant dahin, ließ auch in den Soli nichts anbrennen, kippte jede Menge Phantasie aus. Allerdings die eigentliche kinetische Strahlkraft verantwortete ein überragender Rudy Royston. Das hatte Hand und Fuß in jeder Situation. Royston zog die rhythmischen Wendungen seiner Partner zusammen, verschränkte sie mit komplizierten metrischen Schichtungen, „polysierte“ alles nach Belieben. Auch markierte er die Time nicht durchgehend auf den Becken. Zeitstrukturierungen verteilte er auf dem kompletten Drum-Set. Ebenso die Akzentuierungen, die zumeist in raffinierten Schlagmustern oder melodisch animierten Melismen einbettet waren. Doch der Schlagzeuger schaffte unentwegt Transparenz durch feinste, immer wieder unerwartete dynamische Differenzierungen und rhythmische Variationen. Seine Off-Beat Jonglagen saßen punktgenau. Ganz gleich ob sophisticates Swingen, laid back-Funkyness oder steady Rocking der Gestus war. Delikat, sensorisch, explosiv. Royston holte die Illusion Zeit in einen gelebten Zustand. Welch außergewöhnliche Fähigkeiten. Bei derartig fundierter rhythmischer Architektur hätte Linka schon auch mal von der Main-Line abbiegen können. Nur so ein Gedanke. Jazz-Tradierungen im Zeitfluss, brillant gespielt, offensiv inszeniert und zugleich von anrühriger Intimität.  Auf dem Fundament einer fast schon telepathisch korrespondierend zu nennende Kollektivimprovisationskunst. Allerdings nicht ohne diesen Drummer.