16. Dezember 2020
Von Hannes Schweiger

SA 12. Dezember 2020
Begegnungen in Viertelkreisen
QUADRANT
Franz Hautzinger (tp, electronics), Fabian Pollack (e-g), Thomas Stempkowski (acc-b), Bernhard Breuer (selected dr & perc)

Ein den Moment feierndes Koordinatensystem einer zwischen vier Persönlichkeiten liegenden Musik-/Klangebene. So erklärt sich das unverhandelbare Ansinnen der Akteure. Determiniertes Material, ablaufbestimmende Absprachen kommen ihnen nicht in die Quere. Im ad hoc-Kreativität ausschütten sind jene vier Musiker bestätigte Könner. Seit langem schon staubwirbeln sie als originäre, duftmarkierende Aktivposten im zeitgenössischen in- wie ausländischen Experimetaltöner-Wendekreis. Eine Jazzseele pocht fraglos unter den Brustkörben dieser besessenen Musiker. Aber mit Besinnungslust faltet sich diese auch für viele andere Musikzutaten auf. Aus der Architektonik des Post-, Noise-Rock, der non-idiomatischen Improvisation, Electronica, ausgesuchter Rave-Ästhetiken. Eigenheiten als Kernreaktion. Unerlässlich ist rhythmische Energie und konstante Metrik. Aus dem Stand von Stempkowski und Breuer losgelassen. Ersterer bekräftigte am Bass seinen Anteil mit wuchtigem Ton und alles zermalmendem, muskulösen Gesten hier bzw. trancedringlichen Drones dort, während sich Zweiterer auf spartanischem Drumset mit repetitivem Schlagwerken, das er blendend aus Jazz-, Rock-Grooves und Techno-Beats (die er auf der Bass-Drum rausnagelt) kalibriert, einhackte, noch dazu feinjustiertes Klangbewusstsein anschlug. Darauf folgte die Zuspitzung durch die melodischen, harmonischen, einmal tonal bezogen dann wiederum ausgehebelt, aber vor allem klangfarbenfokusierten Ausgelassenheiten und Spleenigkeiten von Hautzinger und Pollack. Der Trompeter subsumiert in seinem außergewöhnlichen Ausdruck die Inspirationen von Miles, Bill Dixon und Jon Hassell und deren speziellen Erkundungen mit elektronischen Klangmanipulatoren. Ein markant ökonomischer Zugang ist ihm da eigen. Vervielfachung phrasenhafter Kürzel, Tonschwellungen, Klangfarbenverfremdungen. Zuweilen bruitistisch oder dadaistisch abstrus. Immer im Bezug zum Gruppensound parliert Hautzinger zwischen Introspektion und himmelhoch Jauchzen. Mit Raffinesse nicht sparend findet und proklamiert Fabian Pollack seine Räume und Schluchten. Töne zersplittern, zerfransen, ziehen schwellende Schlieren. Treten mit selbiger Inbrunst zu krachenden Klanggebinden zusammen oder rotzen in räudigem Akkordgerocke ihre Ehrlichkeit heraus. Wundersame Mischmusik, dynamische Auf und Abs auskostend, im heutigen Zeitlauf, die einer reduktionistischen Choreographie verfallen ist, trotz Formbezogenheit weitgefasste Spontaneität voranstellt und worin sich keiner der Protagonisten hervorhebt. Hinzutritt, dass die Ereignishaftigkeit fiebrige Hypnotik ausspeit. Das dürfte weitere Kreise ziehen.