21. September 2020
Von Hannes Schweiger

DO 17. September 2020
Solid Gold
NOUVELLE CUISINE
Fabian Rucker, Chris Kronreif, Andi See, Manfred Balasch, Florian Fennes (reeds)
Andi Pranzl, Aneel Soomary, Martin Ohrwalder, Walter Fend (trumpets),
Robert Bachner, Phil Yaeger, Gerald Pöttinger, Alex Rindberger (tb), Andreas Erd (g),
Christoph Cech (p, leader), Tibor Kövesdi (e-b), Lukas Knöfler (dr), Christian Mühlbacher (perc, leader)

Der große, alte Dampfer der österreichischen Jazz Big Band-Kultur feiert die Vollendung des sechsten Jahrzehnts irdischen Daseins ihrer Gründerväter respektive kompositorischen Masterminds Christoph Cech und Christian Mühlbacher. Geschlagene fünfunddreißig Jahre bereiten die beiden Orchesterchefs kalorienreiche Klangmenüs zu, die durch konsequent beigefügte strukturelle und klangfarbliche „Neugewürze“ die Gehörgangfreuden des geneigten Auditoriums aufs sinnintensivste zu erwecken wissen. Somit sei der soeben freierfundene „Duke-Award“ für fortwährendes Schaffen, den beiden Großformat-Meistern mit Hochachtung zugedacht. Im Grundton erklang die Musik dieses Abends, verpackt in Kompositionen älteren Datums bzw. Werken die im präsentationsfreien Zeitraum der pandemischen Beschränkungen entstanden, elegant und gediegen. Mit großem Herz und spritzigem Geist huldigten die eine ausgesprochene Vielfalt pflegenden Arrangements dem klassischen Big Band-Jargon. Viel „Ellingtonia“ in der Satzorganisation klingt an, aber auch die Weiterführungen von Dukes Erben, speziell jene von Gil Evans oder George Russell werden NC-eigen referenziert.

Vermessen anhand kniffligen kontrapunktischen Wetteiferns der Bläsersections, scharfer Dissonanzen, chromatischen Ausschweifungen, polytonalen Überlagerungen, kunstvollen Strukturverflechtungen. Die Tonalität bleibt dabei der definierte Aktionsradius. Von essentieller Stimulans für die cech-/mühlbachersche Klangwelt ist und bleibt eine komplex geschichtete Motorik. Die sich polyrhythmisch austobt, sich permanent erstaunlich wendet. Ein ungeheurer Drive pulsiert dahinter. Haftbar dafür ist der „Maschinist“ des Kollektivs, Lukas Knöfler. Einer der besten Big Band-Schlagzeuger hierzulande. Off-Beat-Kunststücke purzeln der Reihe nach herab. Mühlbacher ist gerne mit rockaffinen Rhythmus/Metrik-Parametern zugange, bevorzugt eine Klangblöcke-Architektur, Cech hingegen organisiert mit durchlässigen Gewebeüberlagerungen im Verbund mit luftigerer Groovness. Alles ausschließlich in time. Aber, entscheidender Richtwert sind unbestritten die individuellen Gaben der Musiker. Diese klischeefrei herauszufordern, ist eine dieser speziellen Fähigkeiten der beiden Kapellmeister. Freiraum eröffnet einmal ein balladesker Aggregatzustand, andermals ein up-tempo Umfeld. Die Improvisationen bleiben gleichfalls melodierhythmisch und funktionsharmonisch konventionell. Trotzdem lässt es der mit behänder Präzision agierende Klangkörper, eine zusätzliche Portion Nonchalance wäre schon reizvoll gewesen, nicht an Eigenart fehlen. Und ein Haufen meisterlicher Solisten sind sie auch. Vieles war dennoch Gold was glänzte.