25. Juli 2019
Von Hannes Schweiger

DI  23. Juli 2019
Maßgeschneidert
MARIA SCHNEIDER & ENSEMBLE DENADA
Jan Kare Hystad, Borge-Are Halvorson, Nils Jansen, Atle Nymo, Shannon Mowday (reeds), Anders Eriksson, Frank Brohdal, Hayden Powell, Marius Haltli (tp, flh), Even Kruse Skatrud, Kristoffer Kompen, Nils Andreas Granseth, Ingrid Tillung (tb), Phillipe Thuriot (acc), Jens Thorensen (e-g), Olga Konkova (p), Per Mathisen (b), Hakon Mjaset Johansen (dr, perc), Thor-Ivar Lund (sound)

Nicht viele „leitende Verantwortliche“ bringen es zuwege eine Big Band in derartiger Unbeschwertheit, getaucht in ein schillerndes Klangfarbenkaleidoskop, erklingen zu lassen. Die  Big Band-Leiterin /Komponistin Maria Schneider sehr wohl. Neben ihrer hervorstechenden Arrangierkunst, hat Schneider gerade als Komponistin dem aufgeklärt tradierten, zeitgenössischen Big Band-Jazz  maßgebliche Bereicherungen in dessen Werkekanon geschrieben. Bezeichnend sind das Aufbrechen einer starren Section-Gliederung, eine melodisch ausdifferenzierte Stimmführung, ein ungewöhnliches chromatisches/diatonisches Wechselspiel, ein narrativer Bann, überraschende Ton- und Intervallsprünge. Einen feministischen Zugang doch auch betonend. Schneider hängt keinem expliziten Jazzdialekt an. Intension ist ein individuelles, pluralistisches Denken, Grenzen weiten. Melodische, harmonische Dringlichkeit herausarbeiten. Rhythmisch immer in einem Dschungel verorten. Verweise auf ihre maßgeblichen Inspiratoren George Russel, Thad Jones, allen voran Gil Evans klingen auf würdigende Weise durch.

Entwickelt und zur Blüte gebracht in den letzten drei Dekaden mit eigener Big Band und unzähligen Gastdirigaten mit namhaften amerikanischen und europäischen großformatigen Jazz-Klangkörpern. Aktuellste Kooperation betrifft die Zusammenarbeit mit der norwegischen, seit Anfang des Millenniums bestehenden Großformation Denada. Ein je nach Projekt sich formierendes jazzaffines Kollektiv. Diesmal in quasi klassischer Big Band Besetzung. Als Intrade stellte Schneider, die an diesem Abend ausschließlich Kompositionen aus ihrem Werkkatalog feil bot, ein Klangstück von fein austarierter Massivität in den Äther. Geschmackssicher mit jazzelastischem Rockgroove  kurzgeschlossen; wesentlich die  vital strotzend Position der Rhythmuseinheit, hier und überhaupt. Spielfreude bzw. die stimmige Chemie zwischen Leiterin und Ensemble waren mehr als offenkundig. Kontrastierend ließ die Musikerin Klangepisoden folgen, die von geschmeidigen klanglichen Weichzeichnungen, abseits jeglicher Lieblichkeit, bestimmt waren. Das verhandelt sie in ihrem Oeuvre: eine Balance zwischen rubato Befindlichkeit mit agogischer Prägnanz und gewählt stürmischer Bewegungsintension. Zudem kontrapunktisches Geschick und Wagemut, impressionistische Tiefe, Flächigkeit und pointilistische Unruhe. Bei aller Komplexität der Orchestrierung, deren Umsetzung das Ensemble jederzeit präzisest im Griff hatte, lässt Schneider das Freigelände für die Improvisationen sich zwanglos hervorschlängeln. Solisten, handverlesen von Schneider platziert, waren sehr gute in den Reihen. Wobei die Baritonsaxophonistin Shannon Mowday eines besonderen eigenen Weges ging. Umsichtig, mit kontrollierten Bewegungen, einer geschwungenen Pinselführung gleich, lenkte, spornte Schneider die Big Band an. Als würde sie die Töne aus den Instrumenten herausziehen und auf der Leinwand Raum platzieren – auch mit einer gewissen spontanen Formgebung. Ebenso unterhielten ihre erläuternden Ansagen mit humorigem Unterton - keineswegs deplatziert. Maria Schneider gehört zu den Big Band „MacherInnen“ ersten Ranges mit außergewöhnlichen katalytischen Qualitäten. Unmittelbar identifizierbare Atmosphäre und ein selbstständiger Sound als auffälliges Merkmal. Die bereichernde fantastische Transparenz des Klangbildes besorgte ein hervorragendes Soundengineering. Nachdem Carla Bley ihre Big Band sozusagen ins Ausgedinge geschickt hat, beerbte sie Maria Schneider mit würdigster Klangmeisterlichkeit.