25. März 2019
Von Hannes Schweiger

DO  21. März. 2019
Drumming In The Wind
BILLY COBHAM CROSSWINDS PROJECT
Billy Cobham (dm), Paul Hanson (basson, ss), Scott Tibbs (keys), Fareed Haque (g), Tim Landers (b)

Er, Billy The Kit, ist noch immer eine der Schlagzeug-Autoritäten, wohl gemerkt auch Innovatoren auf diesem Instrument im Jazz-Rock/Fusion-Segment. Wovon nicht zuletzt die hohe Schlagzeugerdichte im wiederum bestens frequentierten Porgy zeugte. Cobham führte die rhythmischen Entwicklungen in der Verschmelzung von Rock- und Jazzästhetik, sprich eine differenzierte Handhabung der Time in dynamischer wie klanglicher Hinsicht wie man sie in dieser neuen Spielauffassung bis dato nicht kannte, Tony Williams war Ende der 1960er Jahre deren Initiator, am relevantesten weiter und hob diese auf eine neue Qualitätsebene. Anfänglich in Gruppen wie Dreams und dem Mahavishnu Orchestra und später in seinen eigenen Projekten. Was zudem den Unterschied zu vielen im folgenden Drummer ausmachte, und noch immer ausmacht ist, dass er sein umfangreiches Drumset (das heute ein wenig kleiner dimensioniert ist), mit melodischem Feinsinn in sich abstimmt. Und, dass er, seien die Beats noch so martialisch und mechanisch, unnachahmlichst swingt, zweitens zu einem ziemlich einzigartigen Sound gefunden hat. Demzufolge waren auch an diesem Abend jene Qualitäten der Nucleus der musikalischen T(r)aktate. Anlässlich der fünfundsiebzigsten Wiederkehr seines Geburtstages und der fünfundvierzigsten seines zweiten Meisterwerkes „Crosswinds“ entschloss er sich dieses reloaded auf die Bühne zu bringen. Ursprünglich für größere Besetzung mit drei Bläsern (darunter die Brecker Brothers) konzipiert, hat er das Line Up auf ein Quintett zusammengefahren.

Absolutes Novum in diesem Genre ist die Einbindung eines Fagottisten. Fallweise spielte dieser auch Sopransaxophon, dem die elektronischen „Injektionen“ nicht gut bekamen. Das Fagott war unter Strom gesetzt und wurde mit verschiedenen elektronischen Effekten klanglich manipuliert. Das ergab u.a. eine Nähe zu einem Mini-Moog bzw. erfuhr der sonore, schnarrende Sound eine interessante Auffettung. Ungewöhnliche Ensembleklang-Variante. Die Platzierung der Themen und Motive der Kompositionen, am bekanntesten darunter das Stück „Spanish Moss“, folgten keinem Standard-Schema. Traten sie hervor, bedeutete dies komplex verschachtelte, kollektive Unisonopassagen. Präzise umgesetzt. Zudem spielte Cobham grandios mit ad hoc Veränderungen  der ursprünglichen Rhythmusstrukturen. Famose Double Bass Hits und Snare Roll Einschübe, Paradiddle- und Triolen-Wahnwitzigkeiten, die für den Drummer selbstverständliche Gestaltungsmittel sind, gliederten den polyrhythmischen Budenzauber, mit unerwarteten Stopps und Breaks. Entsprechende „Windstärke“ riss die Musik unweigerlich mit. In diesem Sog gerieten auch die Soli ganz schön außer sich. Wie generell viel Spontaneität und Freiheit innerhalb des Jazz-Rock Idioms im Spiel waren. Vorgaben, ebenso der Titel „Stratus“, wurden entfesselt und originell neu geformt. Neben Cobham, der seine Soli substantiell eindampfte, wie war das mit den vier Sticks?, zog der Keyboarder mit über den Rand blickender harmonischer/melodischer Vielfalt einige Aufmerksamkeit auf sich. Das E-Piano perlte, der Synth spacte ab. Wird  Jazz Rock derart mit Leben und Erfahrung gefüllt, verankert er sich in der Zeitbewegung. Dann im zweiten Set die Ernüchterung. Neue Stücke die der Griffigkeit des Jazz/Rock-Konglomerates völlig entbehrten und zu antiquierter Fusion-Meterware verblassten. Vollgepfropft mit den üblichen Stereotypen bis hin zur Disco-Stupidität. Plötzlich war auch die Fantasie der Musiker entschwunden. Durch den Raum wehte nur mehr ein laues Lüftchen. An der Idee mit der Revitalisierung seines Frühwerkes sollte Cobham festhalten. Eventuell greift er ja auf „Total Eclipse“ oder „A Funky Thide Of Sings“ zurück. Käme sicher gut rüber.