25. September 2023
Von Christoph Huber

Tätigkeitsbericht 2022

Allgemein: Das Porgy & Bess versteht sich als Jazz & Musicclub mit pluralistischem Programmangebot. Das Porgy & Bess fungiert als Ort der musikalischen Begegnung, Auseinandersetzung und Konfrontation für Musikerinnen und Musiker sowie Publikum. Hauptaugenmerk liegt auf der Realisierung einer Struktur, welche die vielfältigen Artikulationsmöglichkeiten der heimischen (Jazz-)Szene bzw. neue Entwicklungsperspektiven berücksichtigt (z. B. die Arbeit mit internationalen Gastmusikerinnen und -musikern). Des Weiteren ermöglicht ein Club, der als „meeting point“ der heimischen kreativen Szene fungiert, Erfahrungsaustausch über stilistische und ästhetische Grenzen hinweg, ist Experimentierfeld für unterschiedlichste Projekte, die nicht dem Diktat eines „ultimativen Statements“ unterliegen müssen, ein Podium für kontinuierliche Weiterarbeit und -entwicklung. Eine Hauptintention des Porgy & Bess ist die Kooperation heimischer Musikerinnen und Musiker unterschiedlichster künstlerischer Herkunft, was der Tendenz einer musikalischen Ghettoisierung entgegenwirkt.

Die europäische Jazzszene hat sich in den letzten Jahrzehnten endgültig als eigenständige und innovatorische Kraft im Jazz etabliert. Nachdem sich das P&B als europäischer Jazzclub definiert, ist es selbstverständlich, kreatives europäisches Musikschaffen zu präsentieren. Kooperationen mit europäischen Partnern sowohl in der Club- (Moods/Zürich, Stadtgarten/Köln, Unterfahrt/München, AMR/Genf, Bimhuis/Amsterdam, A-Trane/Berlin, Opus/Budapest, Victoria/Oslo, Ronnie Scotts/London, Blue Note/Mailand, Fasching/Stockholm ...) als auch in der internationalen Festivalszene (Moers, Berlin, Den Haag, Paris, Sarajevo, Ljubljana, Budapest, Prag, Warschau, Istanbul, St. Petersburg, Barcelona ...) beleuchten verstärkt differenzierte Bereiche außerösterreichischer Improvisationsauffassungen. Intensive Kontakte vor allem mit Veranstaltenden und Musikschaffenden des ehemaligen Ostblocks (Slowakei, Tschechien, Ungarn, Polen, Bulgarien, Rumänien, Litauen, Russland, Estland, Serbien-Montenegro, Kroatien, Albanien ...) führen zu einem internationalen Kulturaustausch (siehe Festivalserie „Step across the border“).

Jazz wird historisch als afro-amerikanische Musik definiert, und immer noch kommen innovatorische Impulse aus dem „Mutterland des Jazz“: zwei gute Gründe, warum einerseits die großen amerikanischen Solistinnen und Solisten dieser Musik, andererseits auch die nachstrebenden Generationen programmatische Berücksichtigung finden.

Das P&B hat seit dem Beginn der Saison 2020/21 am 1. September 2020 kein einziges Konzert im Hauptraum abgesagt und selbst ab dem Lockdown ab 3. November 2020 den virtuellen Club via Live-Stream täglich „offen“ gehalten – mittels unseres Jazzzustellservice „The show must go on(line)“. Allen auftretenden Musiker:innen wurden die ursprünglich vereinbarten Gagen ausbezahlt und wenn eine international Band nicht einreisen konnte, dann haben wir einen passenden Stream aus dem Archiv gezeigt. Diese Streams erreichten (zur Schließzeit) täglich im Schnitt um die 300 „unique visitors“, das sind IP-Adressen, d.h. wir wissen nicht, wie viele Leute vor dem Bildschirm saßen, aber wir wissen, dass es nicht weniger sein können. Im laufenden Spielbetrieb lässt sich konstatieren, dass sich das Publikum im Schnitt verdoppelt, das heisst im Club sind in etwa gleich viele Besucher:innen wie „unique visitors“ im Stream.

Ganz allgemein können wir sagen, dass das P&B halbwegs gut durch diese Krise gekommen ist – und zwar auch deshalb, weil wir von Anfang an auf Aktivität gesetzt haben und versuchten, innerhalb festgesetzter Rahmenbedingungen das Bestmögliche zu machen. Dadurch evozierten wir globale Solidarität, die sich in Spenden manifestierte bzw. darin, dass viele Menschen den Pay-as-you-wish-Button bei den Online-Konzerten nutzten. Dieses Verhalten änderte sich wie erwartet im Spielbetrieb, das heisst es gibt deutlich weniger Donationen, und dass obwohl die Zuhörer:innen-Zahlen im Netz (glücklicherweise) nicht im ähnlichen Ausmaß zurückgehen.

Im Jahr 2022 gab es zwar keine pandemiegeschuldeten Einschränkungen mehr, aber es war anfänglich bemerkbar, dass sich etliche Kulturinteressierte vor allem durch diverse „lockdowns“ ein anderes Freizeitverhalten angeeignet haben und nicht automatisch wieder zu Veranstaltungen kamen. Im Gegensatz zum Kino- oder Theaterbereich blieben wir im Jazzclub aber vom vielfach beklagten Besucherschwund verschont bzw. traf uns dieser nicht im selben Maße wie andere Institutionen. Im Vergleich zu 2019 beträgt der Besucher:innen-Rückgang ca 20%, was natürlich spürbar ist, was sich aber mittelfristig wieder konsollidieren wird.

Zu den Facts: Vom 1. Januar bis zum 31. Dezember 2022 gab es insgesamt 493 Veranstaltungen an 331 Tagen in allen Räumen des P&B: Es gab 331 Konzerte auf der Mainstage, 66 Matineen und Kindertheater-Aufführungen, 86 Konzerte in der Strengen Kammer, und 10 Ausstellungseröffnungen in der Public Domain. Insgesamt kamen zu den Veranstaltungen 62.425 Besucher:innen.

Das Gesamtbudget des P&B betrug 2022 knapp 2 Mio €. Das Bundeskanzleramt unterstützte den laufenden Betrieb mit 163.200 € (8%), die Stadt Wien mit 140.000 € (7%), was einer Subventionierung in der Höhe von 15% des Gesamtbudgets entspricht. Die Eintrittseinnahmen liegen bei knapp über 60%. Die restlichen Gelder stammen von Sponsoren bzw. aus Spenden, Kooperationen und aus der verpachteten Gastronomie.