So 22. Juli 2018
20:30

Nicolas Simion Sextet 'Crazy World' (RO/PL/NL/D)

Nicolas Simion: tenor, soprano saxophone
Piotr Wojtasik: trumpet
Martin Schulte: guitar
Mike Roelofs: piano
Michal Baranski: bass
Silvio Morger: drums

Magie der Musik bestimmt sein Spiel

Nicolas Simion ist der Gewinner in der Kategorie Improvisation des WDR Jazzpreises 2015. Der Saxophonist kommt aus Transilvanien - wollte aber nie dem Klischee von Weltmusik oder Balkanpop verfallen. Er ist ein ausgesprochener Jazzer.

Nicolas Simion zusammen mit dem Pianisten Mal Waldron, aufgenommen 1998. Sechs Jahre zuvor folgte der heute 55-jährige Nicolas Simion dem verstorbenen Jim Pepper als Saxophonist im Quartett Mal Waldrons nach. Zuvor hatte Simion mit Größen wie Art Farmer, Idris Muhammad oder Christian Muthspiel gespielt.

Sein Handwerk als Klarinettist, Saxofonist, Komponist und Dirigent lernte Nicolas Simion an der Musikhochschule in Bukarest. 1988, noch kurz von der Wende, verließ er Rumänien und siedelte nach Wien über, wo er etliche Jahre zur dortigen Jazzszene gehörte, was durch viele Plattenaufnahmen z.B. mit Tomasz Stanko, Ed Schuller, Lonnie Plaxico oder Graham Haynes dokumentiert wurde.

Seit 1997 lebt der rumänische Multiinstrumentalist, Komponist, Arrangeur und Bandleader Nicolas Simion nun in Köln, ist Teil der dortigen und auch der internationalen Szene.

Simions Hauptinstrument ist das Tenorsaxophon, das er mit einem vollen warmen Ton spielt, aber auch in extreme Höhen schrauben kann, was nicht selten geschieht. Denn John Coltrane und Sonny Rollins haben ihn am meisten geprägt. Fast gleichwertig zum Tenor gehört seine Liebe dem Sopransaxofon und der Bassklarinette. Dass er die typischen Holzblasinstrumente der balkanischen Volksmusik wie Tarogato, Tilinka, Kaval und die B-Klarinette beherrscht, versteht sich aufgrund seiner Herkunft fast von selbst.

"Ich bin mit der echten Volksmusik aufgewachsen, (habe oft alle möglichen Feste, wie Hochzeiten, Taufen, Begräbnisse, wo immer live Musik dabei war, angehört) war oft auf allen möglichen Festen wie Hochzeiten, Taufen, Begräbnissen – überall, wo es Live-Musik gab. Ich habe mich damit konfrontiert, und zugleich war ich fasziniert. Wie geht das mit der Blasmusik, wo meistens Altsaxophone, Trompeten, Ventilposaunen, Akkordeon und Trommel dabei waren? Oft habe ich mich gefragt wie funktioniert das?"

Erst mit 19 Jahre entdeckte ich dann den Jazz. Und nun wollte ich die Volksmusik meiner transsilvanischen Heimat mit Jazz zusammen bringen. Aber das richtige "Know-how" hat dann Jahrzehnte gedauert!

Beinah logisch schien es ihm, eine seiner ersten CD's schlicht, aber programmatisch mit "Balkan Jazz" zu betiteln, andere Aufnahmen nannte er dann "Transsylvanian Dance" und "Black Sea". Zweifellos leistet Simion auf dem Gebiet der Verschmelzung von Melodien aus dem reichen Schatz der Volksmusik Südosteuropas mit dem Jazz Großartiges, fast schon Geniales, denn er versetzt die Folklore nicht nur mit Jazz-Elementen, wie es auf dem Balkan selbst zur Mode geworden ist, vielmehr versucht er eine Synthese zu erzeugen zwischen den drei Richtungen: Volksmusik, Jazz und Musik des 20. Jahrhunderts.

"In meiner Musik lasse ich mich vom Klang und von Stimmungen inspirieren, es ist wie im Traum, in meiner Welt der Musik ist alles da, außer realen Gefühlen. Es ist die Magie der Musik, die mir sagt, macht das, spiel das .... jetzt ist Ruhe, Pause...und Schluss."

Seit zehn Jahren veröffentlicht Nicolas Simion seine Musik und die befreundeter Kollegen auf dem von ihm gegründeten Label 7Dreams Records. Denn er hatte die Erfahrung gemacht, dass größeren Jazzlabels seine Musik zwar gefiel, sie diese aber nicht einordnen konnten. Tatsächlich passt Simion's Musik in keine Schublade, es ist kein Mainstream, kein Ethnojazz, keine reine Improvisationsmusik und auch kein typischer Fusionjazz – es ist Nicolas Simion's ganz eigene Mixtur aus all diesen Stilen. Und um diese Musik angemessen zu publizieren, war es für ihn dann logisch 7Dreams Records ins Leben zu rufen.

"Ich bin sehr glücklich mit 7dreams, und dankbar für die Unterstützung meiner Musikerfreunde. Denn ich konnte so ganz unterschiedliche CD's mit zum Beispiel Mal Waldron, der WDR Bigband oder dem beinahe klassischen rumänischen Jazzmusiker Jancy Körossy veröffentlichen. Denn bei 7dreams funktioniert es nicht nach dem Motto: 'You pay...I play', das ist nicht unser Spirit."

Am heutigen Abend erhält Nicolas Simion für seine Leistungen im Bereich der improvisierten Musik den WDR Jazzpreis in Dortmund überreicht. Was ein wenig überraschen mag, denn sich selbst sieht Simion weniger als reinen Improvisateur, sondern eher als einen Musiker, der seinen notierten Kompositionen mit den Möglichkeiten der direkten Improvisation mehr Spontanität verleiht. Und mit dieser Methode machte er seinen gelegentlich schwermütig-virilen Sound, durch gelöste, weit ausladende Saxofon-Linien, zum unverkennbaren Markenzeichen

"Ich bin sehr dankbar für den Preis und muss dazu sagen, dass nur gute Musik zu machen und warten das etwas passiert, nicht funktioniert. Man muss sich dauernd bemühen seine Sachen bekannt zu machen, viel live spielen, und vor allem darf man seine positive Einstellung nicht verlieren, immer auch ein "smiling" haben. Man muss stark und stur sein." (Von Olaf Maikopf)