So 20. Juni 2004
21:00

Renald Deppe & Capella Con Durezza & Urfahrer Chorherren & Frauen (D/A)

Renald Deppe: saxophone, clarinet
Martin Ptak: trombone, electronics
Michael Bruckner: guitar
Bernhard Breuer: drums
& 2 Dutzend Urfahrer Chorherren & Frauen

Renald Deppe & Capella Con Durezza
unter der das Gemüthe ergetzenden Anleitung unserer wohlfeil bekannten Urfahrer Chorherren und -frauen „Palimpsestus“
Tabulaturen etlicher Lobgesang und Lidlein uff die Orgeln, Pfeifen und Lauten nach den vortrefflich gefertigten Texturen der Herren John Cage, Charles Mingus, Elfriede Gerstl und Christian Loidl, getuscht und ausgezogen von Bernhard Breuer, Michael Bruckner, Gigi Gratt, Christoph Roithner, und anderen allseits bekannten Tonsetzern linzteutscher Zunge. (Renald Deppe)
Rotztrotzkundiger Mensuralkenner jenes erbaulichen Lucidarium in arte musicae Planae des Marchettus de Padua (1274 - 1326).
Es war einer dieser grenzüberschreitenden Events. Wiener Konzerthaus, Mozartsaal. E-Musik und Jazz. Fast alle spielten sie brav ihre Parts. Ein bißchen zu brav vielleicht. Nur einer nützte die Chance. Blies Unerhörtes. Auf die Gefahr hin aufzufallen. Möglicherweise sogar negativ bei den Groove- und Ohrenschmaus Suchenden. Dynamische Bocksprünge, respektloses Blöken, kratziges Wispern. Selbstbewußt – dreckiger Sound sprengte plötzlich das allgemeine Bemühen. Virtuoses Heulen am Altsaxophon. Präzise getimter Ausbruch. Der Jazz lebt! Auch als exotische Pflanze im europäischen Klanggarten ... Kunst ohne Snob-Appeal. Komplexität, die nicht ausgrenzt. Strenge, die nicht verletzt. Härte, die sich gegen niemanden wendet. Capella con Durezza. Oder: Offenheit ohne Populismus. Zugänglichkeit ohne Anbiederung. Publikumsnähe ohne Massenverwertungszwang. Professionalität ohne Perfektionierungswahn ... Niemand sonst geht so mühelos durch die Stahlbetonwände der Wiener Musikszenen. Niemandem sonst folgen so gegensätzliche Künstler auf die Bühne. Und das meist für wenig Geld. Als Katalysator, Organisator und notorischer Selbstausbeuter ist Renald Deppe aus Wien nicht mehr wegzudenken. Ebensowenig als kreativer Künstler. (Robert Bilek)