Jan. 13, 2022
By Hannes Schweiger

Sorry this part has no English translation

FR 07. Januar 2022
The Masquerade Goes On
BILL FRISELL/THOMAS MORGAN DUO
Bill Frisell (e-g), Thomas Morgan (b)

Man hätte es als Teil Zwei der Performance des Bill Frisell Trios vom September des Vorjahres verstanden wissen können. Reichhaltiges Repertoire und schrankenlose Improvisationskunst würden derartiges spielend ermöglichen. Doch der dritte Mann kam abhanden. Dreimal darf man raten warum! Jene andauernden Umstände zwangen Schlagzeuger Rudy Royston somit zu quarantänebedingtem „Heimspiel“. Demzufolge fanden sich diesmal nur Frisell und Morgan auf der Porgy-Bühne ein. Begleitet, treffender bekleidet, von/mit einem Accessoire welches der Menschheit zwischenzeitlich zum ständigen Anhängsel geworden ist. Die Schutzmaske. Unverhüllt, mit bewegender Offenheit, in der schonungslosen Intimität des Zwiegespräches hingegen fand die Musik ihren Freigang. Formuliert mit der friselltypischen, kautzigen Sensibilität, dem dynamischen Differenzierungsvermögen und dem feinabgestimmten Konglomerat aus jazzgeneigten Harmonien, countryesker Melodik und brüchigem Klangfarbenspiel – in seiner ureigendsten Phrasierungskunst. Dabei ist die melodische Muse ständig an Frisells Seite. Themen, Motive aus der eigenen Werkstatt, Fremdkompositionen (Monk, Bacharach) oder Standards („Come Sunday“) zogen Frisell und sein kongenialer alter ego Thomas Morgan als Anknüpfungspunkte für ihre kraftpoetischen Improvisationen heran. Kontrapunktische Kabinettstückerln tropften da von den Saiten. Entschleunigt, entschlackt, in ihrer Gestik weit wie die Prärie. Doch immer aus einem urbanen Lebensgefühl gespeist. Der Gitarrist verpflanzt Nashville nach Down Town NY. Morgan betreibt gleichsam keine muskulöse, ostinatbestimmte Groovearchitektur sondern perfekt ergänzend, einen unterschwelligen Drive der in weitgeschwungener Meloskunst verklausuliert ist. Hektik bleibt allerdings außen vor. Gediegener Sanftmut, energiestrotzende Innigkeit wiewohl offensive Introversion war der emotionale Gradmesser der Dialoge. Die niemals in Geschwafel mündeten. Sie waren explizit emotionalem Tiefgang im Wort. Frisell wie Morgen vermitteln hierfür besondere Fähigkeiten. Selten hört man melodische Autonomie derart ineinander aufgehen. Das hat schon etwas geniales. Exquisit kämmerisch die Atmosphäre. Deren unsentimentale Schönklangästhetik lag wie gehabt in den befugten Händen von Frisell. Inhaltlich machte er speziell in der Duo-Konstellation aus seinem bevorzugten Hang zur Countrymusik keinen Hehl. Bei ihm wird allerdings aus Country & Western, Kammer & Western. Die direkte Simplizität ergriff unumwunden. Keine Rede, dass die Tonkunst in üppigem Zuckerguss versank, im Gegenteil sie verzauberte mit zart-bitterer Note. Und dann war da noch die Faszination über den exzeptionellen kommunikativen Level. „Saitenlange“ Meisterschaft.

Jedoch auf ein „The Masquerade Is Over“ werden wir noch länger warten müssen.