Wed Feb. 17, 2021
20:30

Blechbaragge 'Wir blasen Euch den Marsch!' (A)

Andreas Broger: tenor saxophone, clarinet
Joe Bär: tuba
Alfred Vogel: drums

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Sorry this part has no English translation

Der alpine Musikalienkosmos ist von lauter Sonderlingen und Besonderheiten bevölkert, das schlägt sich oft schon im Instrumentarium nieder. In diesem hier nun zu beschreibenden und eigentlich unbeschreiblichen Fall etwa kommt uns die Tuba zu Gehör, diesmal nicht vom sprichwörtlichen Huber, sondern einem gewissen Johannes Bär gespielt. Außerdem in die Waagschale geworfen: Das defibrillierende Schlagzeug von Alfred Vogel sowie das gern mal phlegmatische und doch immer wieder wie aus dem Hinterhalt von ADHS befallene Saxophon von Andreas Broger. Wenn er nicht gerade der Abwechslung halber Klarinette spielt. Mehr kommt hier jetzt nicht, das war’s, das ist die Blechbaragge. Eventuell das einzige Trio dieser Welt in solch gewagter Besetzung.

Und trotzdem kann sie so spielen, wie es ihr beliebt und was sie möchte. Nämlich fast alles. Deshalb heißt auch ihr erstes Album „Wir blasen Euch den Marsch“, ohne einen einzigen Marsch zu enthalten. Nicht dass man den vermissen würde, schließlich ist man eh voll und ganz damit beschäftigt, diese krude, virtuose, humorige und fast alles bis zum Exzess treibende Musik, die sich an keine Grenzen und Genres hält, mit all dem langweiligen Zeug abzugleichen, welches man sonst überall so hört. Und dann stellt sich dieser Alfred Vogel da hin und sagt, das Schöne an der Blechbaragge sei, „dass die Jungs endlich mal alle aus meiner Gegend kommen“.

Zehn Jahre gibt es diese Band nun, allerdings hat sie nach ihrem ersten Konzert neun Jahre und 364 Tage lang pausiert. Dann sei er letztes Jahr, so Vogel, „zum Jazzfest nach Südtirol eingeladen worden mit der Bitte, eine Band zusammenzustellen. Es stellte sich heraus, dass Joe und Andreas auch dort waren, und so kam mir die Idee, das Ganze zu reanimieren. Die beiden waren sofort Feuer und Flamme, wir spielten gleich noch ein paar weitere Konzerte und hatten unser Steckenpferd gefunden, auch wenn wir alle noch andere Projekte haben.“ Und nun also das Alben, genauer gesagt: Die Alben. Denn neben den Studioaufnahmen wird uns der Marsch auf einer Vinyl-LP noch verquerer geblasen, „dort veröffentlichen wir unter demselben Titel freie Improvisationen“, so Vogel, „das sind die zwei Gesichter einer Band.“ Die Grenzen zwischen beiden Seiten verschwömmen aber auch immer wieder, „weil etwa Joe und Andreas schon fast 20 Jahre miteinander Musik machen, da ahnt einer voraus, wohin der andere gleich gehen möchte. Und das alles hier in dieser frischen Bergluft. Für mich hat unsere gemeinsame Arbeit etwas sehr Natürliches, Selbstverständliches, und das ist für mich schon wirklich besonders. Alles sitzt so wahnsinnig eng beieinander.“

Es ist auch eng mit Österreich verwoben, auch wenn einem das nicht sofort ins Gesicht springt. „Mein Bauchgefühl sagt mir: Das nährt sich von der Tradition vieler österreichischer Musiker, die von der Blasmusik geprägt sind“ meint Vogel. „Und dann wieder haben wir Improvisation studiert, mit US-Musikern gespielt, auch daraus ist für uns neues Land entstanden. Aber es hat volksmusikalische Elemente, ganz klar, die Tuba, Saxophon und Klarinette, es gibt sogar eine Marschtrommel und Cinellen. Was wir aber damit machen, kommt ganz klar vom Jazz.“ Kurzes Nachdenken. „Lass es mich so sagen: Das Album hat durchaus eine Punk-Attitüde, gleichzeitig zollen wir unseren Traditionen Respekt, sorgen aber auch bewusst für Gegenwind.“

Alfred Vogel jedenfalls lebt momentan offenbar im besten, ihm vorstellbaren Umfeld. „Jeder hat seinen eigenen Koffer mit all seinem Spielzeug darin, ein unglaublicher Fundus“, schwärmt er. Und dann auch noch alle daheim im Bregenzer Wald! Wo dann die unfassbaren Klänge besagter, ebensolcher Tuba über einen Frequenzbereich reichen, den kein Bass, den sie ja hier wie nebenher auch noch ersetzt, je schaffen könnte. Und was Johannes mit seinen Effektgeräten zusätzlich noch mache, sagt Vogel, das höre „sich dann fast schon nach einem Synthesizer in der Band an.“ Stimmt auffallend.

Überhaupt macht in der Blechbaragge offenbar ein jeder, was er möchte. Da gibt es keine erhobenen Zeigefinger und Sprüche wie ’das passt jetzt nicht so zu uns’, da wird alles ausprobiert. Und das nicht im geheimen, stillen Kämmerlein: Das kreative Versuchslabor steht jederzeit jedem Musikliebhaber sperrangelweit offen. Mit seiner vertrackten Rhythmik, den freien Improvisationen und unerwartet Melodiösem. Als Vorbereitung auf das Live-Erlebnis mit der Blechbaragge allerdings ist dieses Album nur bedingt geeignet, „wir sind nun garantiert keine Musiker“, sagt Alfred Vogel, „die ihre Stücke immer und immer wieder gleich abspulen. Wir bewegen uns im offenen Gelände, da gibt es manchmal, aber halt nicht immer ein Geländer.“ Lassen Sie ihn sich also blasen, den Marsch! (Pressetext)