So 6. Dezember 2015
20:00

BAWAG P.S.K. Next Generation Jazz Award 2015

20h Gnigler w/ Jakob Gnigler (ts), Philipp Harnisch (as), Alexander Kranabetter (tp), Simon Frick (viol), Judith Frestl (b), Valentin Duit (dr)
20.30h Sinfonia de Carnaval w/ Anna Lang (c, p), Alois Eberl (tb, acc)
21h HI5 w/ Chris Norz (dr), Matthias Legner (vib), Clemens Rofner (b), Philipp Ossanna (guit)
21.30h Month of Sundays w/ Alexander Kranabetter (tp), Philipp Harnisch (as), Ivo Fina (g), Johannes Wakolbinger (dr)
22h BartolomeyBittmann w/ Matthias Bartolomey (c), Klemens Bittmann (viol)
22.30h Existenzhengste w/ Andreas Broger (ts, cl), Alexander Kranabetter (tp), Martin Burk (b), Alexander Yannilos (dr)

Bawag P.S.K. Next Generation Award 2015
and the winner is...

Gnigler
w/ Jakob Gnigler (ts), Philipp Harnisch (as), Alexander Kranabetter (tp), Simon Frick (viol), Judith Frestl (b), Valentin Duit (dr)

Gratulation!

Jahr Drei der Vergabe des Awards. Dieser, dotiert mit € 5.000.-, ist der Generation von Jazzmusikern und –musikerinnen bis zu einem Lebensalter von max. 30 Jahren zugedacht. Der Preis geht auf eine Initiative von BAWAG PSK, die auch das recht ordentliche Preisgeld stiftet, und dem Porgy & Bess zurück. In einer Zeit in der sich eine ins Extrem getriebene profitmaximierende Sparmanie wie ein Geschwür im wirtschaftlichen wie politischen Leben eingenistet hat, zur Advantage einer herrschenden Schicht, ist es um so begrüßenswerter, dass ein derartiger Preis vorerst nicht unter die Räder gekommen ist. Nicht nur ist eine solche Anerkennung betreffend der öffentlichen Wahrnehmung dieser Spielhaltung ein wichtiger Impuls, sondern ebenso eine Wertschätzung für die beeindruckende kreative Arbeit der jungen MusikerInnen.
Doch nun zum Wesentlichen: den ProtagonistInnen und ihrer Musik. Vorangestellt sei erneut der Ausdruck der Begeisterung über das Niveau der beteiligten MusikerInnen. Wie sie behände sich komplexeste musikalische Strukturen zu eigen machen und damit zu spielen in der Lage sind. Für das Finale hatten sich heuer, entgegen den wie sonst üblichen vorgesehenen fünf, sechs Formationen qualifiziert. Das deshalb, weil es bei zwei Bands einen Punktegleichstand gab.
In jeweils ca. halbstündigen Performances brachten die Finalisten ihre Klangkosmen zu Gehör. Die altbekannte Jury, zu der neu ein Vertreter der Vorjahrssieger Kompost 3, in Person deren Bassisten Manu Mayer, hinzukam, erkor, nach keiner einfachen Entscheidungsfindung, das Ensemble GNIGLER rund um den Salzburger Tenorsaxophonisten und Komponisten Jakob Gnigler zum Gewinner. Mit ihm aufgetrumpft haben Philipp Harnisch (as), Alex Kranabetter (tp), Simon Frick (v), Judith Ferstl (b), Valentin Duit (dr). Ein Projekt, das bereits über ein enorm ausgereiftes Konzept verfügt, in welchem kompositorisch ausformulierte Teile in einem organischen Wechselspiel mit den musikalischen Intuitionen jedes/jeder einzelnen über das WERDEN entscheidet. Ausgebreitet mit waghalsigen, non-konformen, phantasiereichen harmonischen, klangfarblichen und rhythmischen Kunstgriffen. Und gruppendynamisch als auch in den Einzelstimmen intensiv, irrwitzig, unbeirrbar. Würdige Sieger. Aktueller Tonträger: „Gnigler“ (Listen Closely). Nicht unter den Tisch fallen sollen natürlich die fünf anderen großartigen Finalisten. SINFONIA DE CARNAVAL – das sind Anna Lang (p, cello) und Alois Eberl (tb, acc). Im Mittelpunkt dieser ebenfalls sehr ausgefuchsten Stücke stand das Thema Tango, das phasenweise recht originell transformiert wurde und zu improvisatorischen Feinheiten führte. Aber summa summarum war die Musik etwas zu glatt und verkeilt. Aktueller Tonträger: „Figuras De Baile“ (ALW Records). Das bereits mit einiger berechtigter internationaler Reputation ausgestatte Tiroler Quartett HI5 – Chris Norz (dr), Matthias Legner (vibes), Clemens Rofner (b), Philipp Ossanna (e-g) - hat ein ziemlich cooles Ding am kochen. In einer vom Lounge-Sound angeregten Klangtextur brodeln komplexe, aber immer leichtfüßig dahintänzelnde rhythmische Bewegungsabläufe, die sich in schwellenden Klangschwaden von Vibes und Gitarre tummeln. Auch in dieser „cool chilligen“ Musik trägt der jazzimmanente Kollektivgedanke die Hauptverantwortung. Aktueller Tonträger: „Attack Decay Sustain Release“ (SWRecords). Von einem puristischen Jazzverständnis weitentfernt ist auch der Zusammenschluss der vier Herren Alex Kranabetter (tp), Philipp Harnisch (as), Ivo Fina (e-g), Johannes Wakolbinger (dr) unter dem Bandnamen MONTH OF SUNDAYS. In ihrer um den Jazzduktus kreisenden Musik haben sich als inspirierende „Zusatznahrung“ Ingredienzien des progressiven Art-Rock eingeschlichen. Die daraus resultierende eigenwillige, stringente Mixtur ist dominiert von einem entschleunigten Aggregatzustand mit dunkelgrauer Einfärbung. Erneut steht ein charakteristischer Gruppensound im Fokus. Jedoch hat die statische bzw. meditative Überdosis eine gewisse Drögheit zur Folge. Aktueller Tonträger: „Month Of Sundays“. Exzentrisches Virtuosentum, ohne plakativen Beigeschmack, zelebrierte mit hinreißendem Esprit und unbändiger Passion das Duo BARTOLOMEYBITTMANN. Matthias Bartolomey (cello) und Klemens Bittmann (v, mandola) bilden dieses Zwiegespann. Von vertrackten Themen, im Unisono in irrwitzigem Tempo ausgefertigt, ausgehend, vollführen sie atemberaubende „Saitenansichten“, in die fürderhin Jazznuancen integriert sind, die aber ebenso der Gestik des Rock zugetan sind. Die beiden schaffen ein wirklich funktionierendes, sehr erfrischendes Mixtum compositum dieser beiden musikalischen Herangehensweisen. Ab und an zeigen sie sich allerdings ein wenig zu selbstverliebt. Aktueller Tonträger: „Neubau“ (Milchrecords). Abschließend gallopierten mit ebenfalls kraftstrotzendem Engagement die EXISTENZHENGSTE dahin. In der Besetzung: Andreas Broger (ts), Alex Kranabetter (tp), Martin Burk (b) und Alex Yannilos (dr), durchstreifen sie sehr gescheit ornettesche Pfründe und bewässern diese mit ihrer Auffassung von Rhythm ´n´ Blues, Soul/Funk. Diese Basis, als Start Ups dienen prägnante Themenentwürfe, gibt ihnen genug Stoff für stimmige Soloausläufe. Hier setzt vor allem der an diesem Abend vielbeschäftigte Trompeter Kranabetter luzide Schleifen in den Raum, vor einem rhythmisch vielschichtigen Umfeld. Tenorist Broger, dem es an Einfällen nicht mangelt, hat betreffend der Präsenz seines Tones noch Nachholbedarf. Aktueller Tonträger: „du hängst“ (Freifeld).
Fazit: Liebe Hörerinnen und Hörer, Besucherinnen und Besucher, vergessen Sie das oben gesagte und nutzen Sie die in näherer Zukunft sich bietenden Gelegenheiten, sich diese „Zusammenrottungen“ an jungen österreichischen Kreativkräften anzuhören. Der Garantie eines überzeugenden Erlebnisses können sie sich gewahr sein. (Hannes Schweiger)