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Nun denn: Alle elektrischen, sanitären, telefonischen, audiovisuellen, ton- und lichttechnischen, organisatorischen, administrativen, magistratischen, kulturpolitischen, konzessionellen, gewerblichen, vereinsinternen, -externen, baupolizeilichen et cetera et cetera, aber auch künstlerischen Leitungen dürften ge- und/oder verlegt worden sein. Am 28. Dezember 2000 wird das neue Porgy & Bess in den adaptierten Räumlichkeiten des ehemaligen Rondell-Kinos in der Riemergasse 11 nach einer Projektzeit von dreieinhalb Jahren und einer Bauzeit von acht Monaten endlich eröffnet. Was viele für nicht mehr möglich hielten, woran wir schon massive Zweifel hegten, was vermeintliche Experten für unrealistisch erachteten, ist nun doch verwirklicht: ein Jazzklub mit pluralistischem Programmkonzept im Zentrum dieser Stadt, der hinsichtlich seiner technischen, akustischen und musikalischen Anforderungen nach dem aktuellsten Wissensstand umgebaut wurde und fürderhin Forum und Plattform für aktuelles Musikschaffen und Ort der Begegnung und Auseinandersetzung sein soll.
Erlauben Sie mir an dieser Stelle einige persönliche Anmerkungen: Als mich mathias rüegg im Herbst 1993 mit der Frage konfrontierte, ob ich mir vorstellen könne, gemeinsam mit Renald Deppe und ihm einen kontinuierlichen Jazzklub in der ehemaligen Fledermaus-Bar, in der zu jener Zeit gerade der “Jazzherbst" veranstaltet wurde, zu etablieren, fühlte ich mich einerseits durchaus geehrt (ich war damals Mitte zwanzig und erst ein paar Jahre in Wien), andererseits hatte ich einige Vorbehalte diesem Ort gegenüber. Einen modernen Jazzklub an der Geburtsstätte des österreichischen Kabaretts zu versuchen, in einem plüschigen Umfeld mit widrigen technischen und infrastrukturellen Möglichkeiten, erschien mir zumindest (hinter)frag(ens)würdig.
Ich kann mich noch sehr genau an die ersten Konzerte erinnern: an das Erich Quartett mit Reinhard Micko und Michael Fischer (sieben zahlende Besucher), an das Trio von Nicolas Simion (fünf Besucher) oder an den Auftritt von Mikulas Skuta (noch weniger, obwohl wir viele Freunde kontaktierten) und ein paar (den Besucherzuspruch betreffend) ähnlich ärmliche Veranstaltungen mehr. Der Beginn schien meine anfängliche Skepsis zu bestätigen. Doch plötzlich spielte Max Nagl vor übervollem Haus (behördlich wurde die Kapazität mit einhundert Personen festgesetzt), das mehrtägige “Porträt" von Wolfgang Puschnig wurde zum Publikumsmagneten.
Plötzlich stellten wir auch positiv fest: Der von uns anfangs beargwöhnte Samt an den Wänden bereitete der verstärkten Musik eine sehr gute Akustik. Zwei Metalltüren, die wir so nicht dort eingebaut hätten, sorgten unverhofft dafür, daß die Hausbewohner nichts von den nächtlichen Umtrieben mitbekamen. Die magistratischen Instanzen ließen uns gewähren. Die Besucher fühlten sich wohl und die Musiker sich geschätzt. Schließlich verliebte ich mich geradezu in den Raum.
Einige Jahre später: Das P&B avancierte inzwischen zum festen Bestandteil der heimischen und internationa-len Jazzszene, “unmögliche" Projekte wurden mit viel Überzeugungsaufwand realisiert (versuchen Sie einmal einen Pianisten zu überreden, dabei mitzuhelfen, den gestimmten Flügel von der Bühne in den Besucherraum hinunterzuhieven, damit seine Musiker auf der Bühne Platz finden!); und doch: Die Uhr lief, das Datum stand fest der auf fünf Jahre limitierte Pachtvertrag würde in absehbarer Zeit auslaufen.
Und mit einem Mal bietet sich die Chance, einen neuen, viel flexibleren Raum zu kreieren einen Raum, der gestaltet werden kann, der letztlich ganz neu geschaffen wird, um dieser Musik, die, wie gesagt wird, zu den wichtigsten Errungenschaften des zwanzigsten Jahrhunderts zählt, zu einem dieser Bedeutung adäquaten Umfeld zu verhelfen. Trotz vereinsinterner Auffassungsunterschiede entschieden wir uns für dieses Wagnis (zugegeben, niemand hatte damals ahnen können, was da alles noch auf uns zukommen würde).
Entscheidungen sind gefallen und wurden gefällt. Deren Richtig- und Wichtigkeit wird sich erst herausstellen. Wir werden wie auch schon in der Vergangenheit auf Sie zählen! Welcome to the club.
PS: Ich bin der Überzeugung, daß man sich von liebgewonnenen, überschau- und kalkulierbaren, bequemen und vermeintlich erfolgreichen Strukturen zur richtigen Zeit lösen muß, wenn diese Strukturen einer Weiterentwicklung entgegenwirken!
Christoph Huber, Porgy & Bess
PORGY & BESS, Riemergasse 11, 1010 Wien, Tel. Office:
+43-1-5037009