23.10.99
20.30 David Krakauer Kletzmer Madness (USA)
David Krakauer: clarinet
Ted Reichman: accordion
Pablo Aslan: bass
Kevin Norton: drums
Adam Rogers: guitar
Krakauer´s CD “Klezmer Madness" war die erste Veröffentlichung auf John
Zorns Label Tzadik Records, das sich dem widmet, was er selbst mit dem
etwas schwammigen Begriff der “Radical Jewish Culture" umschreibt.
“Radikal" - das könnte im etymologischen Sinne die Erkundung der eigenen
Herkunftswelten sein, könnte aber auch von einem Versuch erzählen, sich
eine neue Heimat an ästhetischen Extrempunkten zu erwählen. “Madness" meint
den Wahnsinn des Extraordinären. Klezmer, diese alte und altehrwürdige
Musik, die sich dieses Prädikat verbitten würde, verpaßt sich ständig
selbst eine Frischzellenkur aus dem Geist der Assimilation und der
Unbotmäßigkeit. Sie bleibt lebendig, indem sie beständig das Repertoire
ihrer Ausdrucksmöglichkeiten in Frage stellt und das tut, was die Klezmorim
immer schon getan haben: andere Musiziertraditionen aufgreifen, verwandeln
und sich zu eigen machen. “Klezmer Madness" kennzeichnet, wie die meisten
der Tzadik-Produktionen, der Versuch, sich über die engen Grenzen
musikalischer Genres und anderer Denkverbote hinwegzusetzen. Klarinettist
David Krakauer - ehemals Mitglied der Klezmatica, die aufmümpfig genug
waren, auch einmal die Asservatenkammer der Rockmusik zu plündern und sich
die eine oder andere Maske überzuziehen - bleibt mit seinen Arbeiten dem
Geist der Klezmertradition treu. Sie ist und bleibt der Kern seiner
musikalischen Welt. Doch von diesem unverrückbaren Zentrum heraus greift er
zu allen möglichen Sternen am Musikfirmament, läßt sich auf
Jazzimprovisationen ein, bricht die traditionelle Songstruktur auf, um die
Musik immer komplexer und abstrakter zu gestalten, ohne ihr aber diese
spezifische Qualität der Klezmerempfindsamkeit zu nehmen. Da kann schon
einmal ein Funk-Groove auf eine gegen den Strich gebürstete und immer noch
jubilierende Klezmer-Phrase treffen, die dann von gesampelten “Radio
Moscow"-Stimmfetzen durchschnitten wird. Krakauer ist der große
Experimentalist einer an unorthodox denkenden Konzeptionalisten nicht
gerade armen Musik. Aber er geht keine Verbindung um ihrer selbst willen
ein - oder um einer fragwürdigen, bloßen Exotik wegen. Allein die Nähe zum
Jazz wird ganz natürlich aus der Geschichte der Klezmer-Musik in den USA
abgeleitet: sie gab es immer schon. Nur David Krakauer orientiert sich auch
an den aktuellsten Formen des Jazz, an dem Prinzip der Diskontinuität und
Ästhetik der harschen Brüche. Wie man es von Krakauer erwarten darf, wird
sich auch hier sein feinsinniger Humor Bahn brechen: Denn all seine
Produktionen waren immer auch durchzogen von einem hintersinnigen Witz, der
selbst an den offensichtlichen Zeichen der Melancholie noch zu rütteln
wagt.
Eintritt: ATS 200.-/220.-
PORGY & BESS, GRAF STARHEMBERGGASSE 1A/7, 1040 Wien, Tel.:
+43-1-5037009