9.10.99

20.30 Uhr Jazz Big Band Graz

Programmauszug:
E.S.P. (comp.: W. Shorter; arr.: Ed Neumeister)
The Right Tree (comp. & arr.: Ed Neumeister)
Deliberation (comp. & arr.: Ed Neumeister)
Here And There (comp. & arr.: Ed Neumeister)
Locomotion (comp. & arr.: Ed Neumeister)
Alice in Wonderland (comp.: S. Fain; arr.: Ed Neumeister)
My Shining Hour (comp.: Harold Aelen; arr. Ed Neumeister)
Longing (comp. & arr.: Ed Neumeister)
Running Late (comp. & arr.: Ed Neumeister)

Die Jazz Big Band Graz wurde mit folgenden Zielsetzungen gegründet:
-Als eigenständiges Jazz-Orchester mit dem Schwerpunkt Kreativität einen internationalen Standard zu erreichen und nach außen zu dokumentieren.
-Durch Einbindung von Musikern, Komponisten und Arrangeuren benachbarter Länder wie Ungarn, Slowenien, Kroatien, Italien, die “Europäische Stellung" von Graz zu bedenken. Kulturwerkstatt - JAZZ.
-Die Traditionen der Big Band Musik im Rahmen der produzierenden - nicht ausschließlich reproduzierenden - Möglichkeiten aufrecht zu erhalten.
- Regelmäßige Dokumentation der Arbeiten durch periodische Aufnahme von Tonträgern.
-Eine Big Band Konzertserie zu betreuen. Andere Big Bands (z.B. MHS Big Band) in diese Serie einzubinden.
-Als “Leitfossil" die Basis einer steirischen Big Band Szene zu bilden.
-Musikerpersönlichkeiten, die hier in Graz ausgebildet wurden, eine Möglichkeit zu bieten, als JazzMUSIKER in Graz zu arbeiten.
- Nationale und internationale Auftritte, um die “Jazz Big Band GRAZ" auch im europäischen Raum zu etablieren.
- Die Reputation der Stadt Graz vor allem im Bereich Jazz auch international zu erhöhen, indem sie als einzige Stadt Österreichs eine professionelle Big Band unterhält.
Zu wünschen bleibt, daß sich all diese Zielvorstellungen auch tatsächlich realisieren lassen.


22.00 Uhr Concert Jazz Orchestra Vienna

Orchester haben im Jazz Tradition - besonders wenn Tradition mit Geschichte in Verbindung gebracht wird. Der Reiz des kollektiven Musizierens hat trotz regelmäßiger Epidemien, die zum Aussterben ganzer Big Band Generationen geführt hat, Musiker nicht davon abgehalten, sich der größten musikalischen Herausforderung im kompositorischen und sozialen Kontext zu stellen. Big Bands haben die Jazz-Geschichte geprägt - von Fletcher Henderson, Ellington & Basie über Sun Ra, Gil Evans & Don Ellis zu Carla Bley, Wynton Marsalis und dem Vienna Art Orchestra (um nur einige aus verschiedenen Epochen zu erwähnen).

Die Big Band Idee erfährt augenblicklich eine Revitalisierung, wobei zumeist ein (durchaus legitimer) retrospektiver Ansatz vorzuherrschen scheint, nämlich jener der (Weiter-) Verarbeitung von Vorgaben, die einstmals gesetzt wurden und heute kaum mehr zu erleben sind. Das Concert Jazz Orchestra Vienna versucht einen anderen Weg: Nicht klingende historische Komponistennamen stehen im Vordergrund des Bandinteresses sondern weniger bekannte dafür umso engagiertere junge Ton- und Klangsetzer vornehmlich europäischer Herkunft. Komponisten wie Florian Bramböck, Marko Lackner, Django Bates, Jürgen Friedrich, Frank Reinhagen oder Steffen Schorn werden eigens für diese Big Band schreiben, Arrangements von Zeitgenossen wie Maria Schneider oder Bob Brookmeyer werden sich ihren Weg in die Gehörgänge eines beohrten Publikums bahnen, und unkonventionelle “Klassiker" wie Ellis oder Mingus werden Eingang ins Repertoire des CJOV finden.

Jedenfalls soll dem CJOV eine Chance gewährt werden, ihre Stimme innerhalb einer aktuellen Big Band Ästhetik zu artikulieren, diese Stimme durch Auftrittsmöglichkeiten im Sinne eines “work in progress" zu verfeinern und perfektionieren um möglicherweise diese Stimme zu einer treibenden Kraft einer jetztzeitigen Big Band Kultur zu entwickeln. Das CJOV hat aufgrund ihrer individuellen Stimmen das Potential einen an- und aufregenden Kollektivismus zu kultivieren, der nicht zu überhören sein dürfte.

Die Mannen um Christian Salfellner, seit Jahren eine rhythmische Stütze der heimischen Jazzszene und Thorsten Benkenstein (seit seinem Umzug gibt es endlich wieder einen ersten Trompeter in dieser Stadt) wissen auf was sie sich da einlassen - musikalisch, sozial und finanziell - und betreiben ihre Sache mit größtmöglichem Engagement und Enthusiasmus. Mit Georg Breinschmied ist ein Bassist in der Band, dem das Vorleben als Philharmoniker zu langweilig geworden ist und von dem Charlie Mariano behauptet, daß der letzte vergleichbare Bassist, mit dem er spielte, Ron Carter gewesen sei (Das war vor über dreißig Jahren und Mariano arbeitete u.a. mit Mingus!). Oliver Kent ist ein brillianter Pianist, der im äthetischen Bereich zwischen Wynton Kelly und McCoy Tyner angesiedelt werden könnte. Der Posaunensatz lebt von der Spannung zwischen Christian Radovan, der bereits mit siebzehn von Albert Mangelsdorf in den höchsten Tönen gelobt wurde und trotzdem zu den unterschätzten Posaunisten der europäischen Szene zählt und Robert Bachner, mit dem sich eine “Radovan-Nachfolge" (zumindest was das Talent betrifft) abzeichnet. In der Trompetensektion stehen neben Benkenstein u.a. Bumi Fian, der über die wahrscheinlich größte Big Band Erfahrung von allen verfügt (u.a. Carla Bley, VAO...) und Thomas Gansch, der die Rolle, die sein Vater in der Klassik spielt, im Jazz übernehmen wird. Der Saxophonpart setzt sich zusammen aus Herwig Gradischnig, seineszeichens Hans Koller Preisträger des Jahres 1998, Harry Sokal, der bei internationalen Instrumentenkollegen über eine hervorragende Reputation verfügt, Christian Maurer, der mit dem Upper Austrian Jazz Orchestra eine eigene Big Band leitet, Stefan Öllerer, üblicherweise in der Funk- und Fusionszene stilsicher zuhause und schließlich Thomas Kugi, Tausendsassa an vielen Fronten und in vielen Studios. Geleitet wird das CJOV von Ed Partyka, einem musikalischen Desperado, der sich seit geraumer Zeit in München beheimatet fühlt, und der für die “richtige" Ordnung innerhalb des produktiven individualistischen Chaos sorgen wird.

Eintritt: ATS 220.-/240.-
PORGY & BESS, GRAF STARHEMBERGGASSE 1A/7, 1040 Wien, Tel.: +43-1-5037009