27.3.99

20.30 Wolfgang Puschnig Quartet A/D

"Trompete: Metallblasinstr. mit zylindr. Bohrung, enger Mensur, Kesselmundstück und Schallbecher. T.-Instrumente (im Unterschied zu Horn-Instr.) sind zumindest bis 2/3 der Rohrlänge zylindr. In den Entwicklungsstadien ist die Unterscheidung oft schwierig (vgl. Lure und Alphorn)." (Thiel: Sachwörterbuch der Musik). Als Wolfgang Puschnig im vergangenen Jahr (...) gefragt wurde, warum er (Jazz-)Musiker werden wollte, wußte er kein bestimmtes, einzigartiges Schlüsselerlebnis zu nennen. Jedoch setzen sich seine vielen Vergangenheitsbilder zu einem - aus heutiger Sicht - durchaus schlüssigen künstlerischen Puzzle zusammen. Neben seiner singenden Spielweise am Altsaxophon wird Puschnigs musikalisch vielfältiger Charakter in den so unterschiedlichen Persönlichkeiten seiner Mitmusiker augenfällig.

Gemäß alter Kärntner vokaler Tradition begann die musikalische Entwicklung des 1956 in Klagenfurt geborenen Wolfgang Puschnig im lokalen Kirchenchor, bald darauf lernte er das landesweit gebräuchlichste Frühinstrument: die Blockflöte. Von den sonst vielfach üblichen familiären Musik- "Roots" wäre bei ihm einzig der Bruder seines Onkels anzuführen, der im ländlichen Umfeld der Kirtage aufspielte. Für zwei Jahre lang wechselte Wolfgang Puschnig zur Geige, bevor er mit zwölf Jahren am Konservatorium in Klagenfurt mit dem Querflötenunterricht begann.

1975 übersiedelt er nach seiner Matura nach Wien. Wegen unterschiedlicher Auffassungen (in bezug auf Klangvorstellung und Anblastechnik) zwischen ihm und seinem Professor am Konservatorium wird er beinahe gezwungen, ein anderes Instrument zu spielen. So findet er zu seinem heutigen Hauptinstrument - und zur richtigen Einstellung dazu: "lieber ein saxophon" (Ernst Jandl).

Doch Wolfgang Puschnig ist von Beginn an nicht nur der künstlerische Musiker, sondern auch - und ganz intensiv - der Musikant, was sich schon früh in seinem Wunsch, "Musik zu machen", ausdrückte. Seine erste Band gründete er bereits als 14jähriger, im besonderen zeigte sich die Begeisterung für die Musik aber in seiner frühen Wiener Zeit in einer unbändigen Spiel-"Lust und Laune". Der Musik- und Jazzszene fehlte damals eine beherrschende Leader -Figur, womit sich für die (inter)nationale junge Generation von Künstlern ein gewisses Vakuum auftat. Zum zündenden Funken in dieser Aufbruchstimmung wurde 1977 die - auch durch zahlreiche Zufälle bedingte - Gründung eines "Premier Orchestre d'Art de Vienne", zu deren Gründungsmitgliedern Wolfgang Puschnig als "Hebammer" zählte (Die zweite zentrale Figur neben ihm war der aus der Schweiz "zuagraste" spätere Leader, Pianist, Komponist und Arrangeur Mathias Rüegg). Seine erste Auftrittsmöglichkeit fand das Orchester im Lokal der "Jazzgitti" in Wien.

Der schon zur österreichischen Musikgeschichte zählende große Klangkörper, der bald in "Wiener Art Orchester" umbenannt wurde und seit 1980 den bis heute gültigen Markennamen "Vienna Art Orchestra" (VAO) trägt, ist für mehr als zehn Jahre Puschnigs musikalische Heimat. Doch seine Lust am Neuen, am Ausprobieren von künstlerischen Ideen, führte ihn ab 1982 in verschiedenste Projekte mit dem Dichter Ernst Jandl: "bist eulen?" und "vomvomzumzum".)

Bereits die erste unter seinem Namen erschienene CD "Pieces of the Dream"(1988) zeichnet ein aussagekräftiges Portrait des Künstlers Wolfgang Puschnig, zeigt auch die vielfältigen musikalischen und freundschaftlichen Beziehungen, die er in den Jahren zuvor aufgebaut hat. Im Dezember 1989 verließ er das Vienna Art Orchestra endgültig, um die eigenen Vorstellungen besser zu verwirklichen, ihnen auch mehr Zeit widmen zu können.

Die erste CD "Red Sun & SamulNori" dokumentiert einen seiner wichtigsten musikalischen Schritte, dessen Wurzeln tief in die Vergangenheit zurückreichen: Die Musik seiner Kindheit in Kärnten war großteils vom Singen und dem heimischen Liedgut bestimmt; die Öffnung zur Welt ermöglichte ihm ein gutsortiertes Klagenfurter Plattengeschäft, ein "Weltempfänger in Vinyl", zu dessen neugiergem Stammhörer sich der junge Wolfgang Puschnig entwickelte. Dort hörte er sehr früh Klänge aus dem indischen Raum, die ihn nicht nur für diese Musik, sondern auch für die asiatische Kultur selbst begeisterten, eine Kultur, die ihn mit ihren Bräuchen, Riten und Denkweisen bis heute in ihren Bann zieht. Dieser erste Hörkontakt mündete 1989 in die erwähnte musikalische Paarung seines funkig-groovigen "Red Sun"-Ensembles mit den südkoreanischen Trommlern von "SamulNori". Diese spezielle Puschnig-Mischung führt zu musikalischen Ergebnissen, die zu einer Auseinandersetzung mit einer doch wesentlich andersartigen Musikauffassung anregen.

Seit vielen Jahren hat Wolfgang Puschnig, neben seiner Lebensgefährtin, der Sängerin Linda Sharrock, einen "zweiten Lebenspartner" auf der musikalischen Ebene gefunden: den aus Philadelphia stammenden Jamaaladeen Tacuma am elektrischen Baß. Liebevoll nennen sie ihr Duo "Gemini Gemini", was nicht nur das englische Wort für das Sternzeichen des Zwilling, in dem beide geboren sind, bedeutet. In diesem Namen drückt sich auch aus, daß sie sich wie zwei in entfernten Kulturen auf die Welt gekommene Zwillingsbrüder fühlen. Diese persönliche Beziehung drückt sich in einem künstlerischen Einverständnis aus, das ihrer gemeinsamen Musik auch in größeren Besetzungen eine spürbare Geschlossenheit verleiht. (Thomas Hein, anläßlich der "Hans Koller Preisverleihung" an Wolfgang Puschnig)

Wolfgang Puschnig stand es frei, wie er diesen Abend gestalten will. Die ursprüngliche Idee war ein Trio mit Tacuma und Idris Muhammad, das aber bis Redaktionsschluß nicht zu fixieren war, was aber nicht heißt, daß es nicht doch an diesem Abend zu dieser Konstellation kommt. Für Überraschungen ist der "Kärntner Weltempfänger" bekanntlich immer gut.

Eintritt: ATS 200.-/220.-
PORGY & BESS, GRAF STARHEMBERGGASSE 1A/7, 1040 Wien, Tel.: +43-1-5037009