1. Dezember 2013
Von Christoph Huber

Die 3 CD-Box vom Street Jazzfestival Mixed Pickles ist veröffentlicht!

Es war eine gut durchdachte und genau genommen grandiose Entscheidung, mit der Klangfestivität anlässlich „20 Jahre Porgy & Bess, Jazz & Music Club“ für drei Nachmittage/'Abende den öffentlichen Raum zu bespielen. Das waren zugleich jazzmusikalisch lebendige, musikerInnengenerationendurchstreifende Schallwellen, wie auch ein kulturpolitisches Wachheitsstatement, die sowohl musikalische Territorialgedanken als auch westentaschenpolitische Widrigkeiten und sonstige Interessensgruppenbedenken mit viel improvisatorischem Geschick wegblasen konnten. Wir WienerInnen können wirklich höchst erfreut sein, ein derartiges Präsentationsforum, das sich dem ganzen Spektrum gegenwärtiger Jazzspielhaltungen und ihrer Verwandten widmet, zu beherbergen. Und der Umstand, dass dieser Club täglich bespielt wird, mit Musik höchsten Niveaus, sowohl auf der Hauptbühne als auch auf dem „Nebenspielplatz“ Strenge Kammer, ringt einem höchste Hochachtung ab. Schön, dass sich Christoph Huber, seines zeichens künstlerischer Leiter und Geschäftsführer des liebevoll nur noch Porgy genannten Kreativetablissements, entschlossen hat, die Klangereignisse dieser drei, die österreichische Jazzgeschichte prägenden Tage, auf drei CDs in einer geschmackvoll gestalteten Box zu veröffentlichen. Kuratiert wurde das Programm von den drei Gründern des Porgy & Bess, Mathias Rüegg, Renald Deppe und Christoph Huber. Idee dahinter war, die Entwicklungen der letzten vier Jahrzehnte im heimischen Jazzgeschehen zu präsentieren. Die Übung gelang mit einem hohen Maß an künstlerischer Sensibilität und Wissen. Da begegneten sich am ersten Tag die rüde, kompromisslose Klangphilosophie des Ensembles Kompost3, das lyrisch kultivierte Herumflanieren von Wolfgang Muthspiel und die unglaublich souveräne Coolness von Karl Ratzer & Mannen. Am zweiten Tag sorgten die junge, versierte Bassistin Judith Ferstel und Band mit kristallinen Klangskizzen, Peter Herbert & Extracello mit extravaganten “Saitenwaisen“ und das Projekt Velvet Elevator mit wunderbarem Klangkino für die Klangerlebnisse. Den Abschlusstag in mitreißende Tonsetzungen zu tauchen, spontan wie ausgetüftelt, schickten sich das synergetisch dicht agierende Pongracz Synesthetic Octet, das fulminante, polyglott klangexperimentierende Damentrio Oberkanins/Heginger/Zach und als spielrauschender Bühnenfeger, angereichert mit ausgebufften Soli, die Equipe rund um Puschnig, Schwaller, Salesny an. Leihen sie diesem delikaten Potpourri zwei Ohren! (Hannes Schweiger, Freistil)

 

Drei Tage im September "Jazz aus Österreich", kuratiert von Christoph Huber, Mathias Rüegg und Renald Deppe, den drei Begründern des Wiener Jazz Clubs Porgy & Bess, das Strassenfest in der Riemergasse zum 20.Geburtstag braucht man als subjektive und äußerst "hohe" Bilanzsumme nicht verstecken. Die aus Zeit- und Platzgründen ausgewählte Quersumme aus neun Konzerten brachte nicht nur die beiden bekannten Wolfgangs (Puschnig und Muthspiel) ebenso auf die Bühne wie "Sir Charles" Ratzer (mit dem Heinz Czadek Project) oder den weit und viel gereisten Peter Herbert (mit Extracello). Zu hören waren nicht nur die "bereits Arrivierten", sondern eine ebenso große Zahl junger Bands mit Kompost3, dem Vincent Pongracz Synesthetic Octet und Judith Ferstl & Threeoo, dazwischen der Jazz-Mittelbau mit den drei Vokalperkussionisten Ingrid Oberkanins, Agnes Heginger und Nika Zach und Martin Ptaks & Heinz Fallmanns Velvet Elevator. Man darf dem ausgesuchten Dreiermenü-Vorschlag der väterlichen Porgyköche vertrauensvoll das geschätzte aufmerksame Wohlwollen schenken und die Ohren spitzen. (Thomas Hein, Concerto)

 

Dem Porgy & Bess kann man als Institution, die sich dem bedingungslosen Liebesdienst am Jazz verschrieben hat, gar nicht genug Rosen streuen. Zum 20-jährigen Jubiläum hat sich der Jazzclub selbst ein paar Rosen gestreut, und zwar mit einem dreitägigen Straßenfest, bei dem sich viele klingende Namen der heimischen Jazzszene die Ehre gaben. Aber weil Straßenfest und öffentlicher Raum, hat man bei der Auswahl auf eher sanfte Töne und Zugänge gesetzt – zumindest liegt dieser Eindruck nahe. Es fängt mit dem Quartett Kompost3 spannend und kraftvoll an, aber die vier Herren (Martin Eberle, Benny Omerzell, Manuel Mayr & Lukas König) haben ja schon mit einer herrlich unorthodoxen CD auf sich aufmerksam gemacht. Es folgt Wolfgang Muthspiel, als Virtuose eine Klasse für sich, allerdings auch eine Klasse, die kaum mehr zu überraschen vermag. Karl Ratzer beweist einmal mehr, dass er es mit jedem Jazzgitarrengott des vergangenen Jahrhunderts locker aufnehmen kann. Das Judith Ferstl Trio (bzw. Judith Ferstl & Treeoo) wandelt beeindruckend souverän auf den Spuren von Bill Evans und Brad Mehldau. Neben der großartigen Bassistin, die dem Treeoo vorsteht, spielt sich auch Pianist Max Tschida locker in die Herzen jedes Jazzliebhabers. Peter Herbert & Extracello haben sich dem konzertanten Jazz verschrieben, der sich unterschiedlichste Ausgangspunkte sucht, von Laurie Andersons »Oh, Superman« bis zum »One Note Samba« von Antonio Carlos Jobim. Das Ensemble Velvet Elevator unter der Leitung von Martin Ptak und Heinz Fallmann bietet astreinen Big Band Jazz, der vielleicht ein bisschen zu sehr klingt, als wäre er in den 1970ern vom Stuhl gefallen und 40 Jahre später nicht mehr richtig hoch gekommen. So angegraut wie hier klingt diese Compilation sonst nicht. Viel frischer etwa das groovige Konglomerat aus Nu-Jazz, ein bisschen Downtown und Hardbop, das vom Vincent Pongracz Synesthetic Octet vorexerziert wird. Hier finden wir nicht ganz zufällig auch den Herrn Lukas König und Manuel Mayr von Kompost3 wieder (und Peter Rom, der wiederum gemeinsam mit den Herren Martin Eberle (übrigens auf Velvet Elevator als Teil des Ensembles zu hören) und Andreas Schaerer zwei großartige CDs eingespielt hat). Bei allem Lobgehudel muss natürlich festgehalten werden, dass Vincenz Pongracz an der Klarinette der eigentliche Leiter dieses Oktetts ist. Ingrid Oberkanins, Agnes Heginger und Nika Zach wiederum schlagen als Extra Virgine eine entzückende Brücke irgendwo zwischen Gary Burton und Manhattan Transfer, und den mehr als souveränen Abschluss bilden Wolfgang Puschnig, Roman Schwaller und Clemens Salesny als Saxophonisten-Meisterklasse mit großartiger Groove-Section (ja, schon wieder dieser Lukas König). Alles in allem machen diese drei CDs herrlich Laune, auch wenn für eine wirklich umfassende Leistungsschau frischere Ansätze, die ja im Porgy & Bess ebenso vertreten sind, doch fehlen. (Curt Cuisine, Skug)

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