22. Februar 2019
Von Hannes Schweiger

DI 19. Februar 2019
Wabenraster im Schallstock
GEORG GRAEWE & SONIC FICTION ORCHESTRA
Georg Graewe (p, cond), Frank Gratkowski (cl, bcl), Maria Gstättner (basson), Sebi Tramontana (tb), Sara Kowal (harp), Martin Siewert (e-g), Joanna Lewis (v), Melissa Coleman (cello), Peter Herbert (b), Wolfgang Reisinger (dr), Guest: Dieb 13 (tt)

In seine „New Stream“-Fiktion (Versuch der Umschreibung jener höchst persönlichen Kopplung struktureller und klanglicher Eigenschaften aus progressiven musikalischen Organisationsprinzipien der Bereiche Jazz, Klassik und Rock) integrierte Mastermind Georg Graewe im Rahmen der sechsten Stageband-Präsentation eine fast unerwartete ästhetische Ausdrucksform. Jene des fraktalen, klangradikalen Turntableism. Der populärmusikalischen DJ-Kultur entwachsen, errang dieses „Soundfishing“ in den 1990er Jahren in der frei improvisierten Musik einen Aufschwung, ehe die Digitalisierung vehement Platz griff. Zudem trennte sich betreffend des Bedienungspersonals im Verlauf die Spreu vom Weizen. Übrig blieben die ernsthaften Musiker. Der, der als feinsinniger, musikalischer „Platten-Spieler“ zählt, der das Equipment zudem als eigenständiges Instrument definiert, ist der Wiener Dieter Kovacic bna Dieb 13. Graewes Architektur behandelt  eine aus sich heraus mutierende Vielschichtigkeit, deren Grundsatz der Sensibilität im Aufbau, mit der Sensibilität im Klang- und Interaktionsverständnis von Dieb 13 übereinstimmend korrespondiert. Gleichwohl in der definierten Vorgabe, als auch im freien Vermessen der Ereignishaftigkeit. Erneut kam Graewes außergewöhnliche Fähigkeit, Potential und Individualität von MusikerInnen ergiebig kollektiv bündeln und Anregungen für deren Spontankreativität verteilen zu können, zum Tragen. Wieder war man verblüfft ob der ständig wachsenden Integralitätssubstanz des Ensembles. Kennzeichnend für die diesmalige „komprovisierte“ Schallstudie waren die personellen Kleineinheiten, zumeist in der Dimensionierung Solo bis Trio, die der Stehgreifschöpfung im Wort standen.  Mit Phantasie hielt Graewe bei der Zusammenstellung der Gruppierungen nicht hinter den Berg. Wie spannend gerieten die bizarr verflochtenen Dialoge zwischen Harfe und Turntables, Posaune bzw. Piano und eben diesen, oder Geige und Cello. Detto die schon als Fixpunkte geltenden Ereignisse: das differenziert schäumende Piano-Solo, die frei-kontrapunktisch sprühende Fagott/Bassklarinette Konversation mit Turntables, Bass und Schlagzeug im Rücken und alle Register ziehend, der bis dato energetischste, unmittelbarste Trioausbruch von Gitarre, Bass und Schlagzeug in simultanem Avant-Rock/-Jazz Atem. Verbindend, als eine Art zündender Intermezzi, waren knifflige polyphone Orchester-Tutti installiert, die im ritardando-Modus ausströmten. Inhaltlich spielte der Pianist dabei u.a. mit dem bisher eindeutigsten tradierten Jazzbezug, in unsentimental schöner, harmonischer Auslegung, mehrheitlich jedoch, agogisch jonglierend, mit komprimierten, kammermusikalischen Abstraktionen.  Musikalischer Pluralismus mündet bei Georg Graewe nie in Selbstzweck. Integration von kompositorischer Methodik und improvisatorischer Praxis, sowie die Aktivierung des Zusammenwirkens diverser Idiome entwickelte er anhand seiner Tranformationsvorstellungen zu einem definitiven Personalstil.

Das „Stageband-Labor“ setzt das Rufzeichen dahinter!