13. Februar 2019
Von Hannes Schweiger

MO 11. Februar 2019
Digitale „MORI-taten“
IKUE MORI „POMEGRANATE SEEDS“
Ikue Mori (laptop, electronic devices, visuals)

Den nächsten Programmpunkt des „The Stone In Europe“-Projektes gestaltete diesmal die Pionierin in Sachen Drum Machine in der freien radikalen Noise Music der 1980er Jahre, Ikue Mori. Gestandene Schlagzeugerin, die im Umfeld der damaligen NYer Down Town- Szene einen eigenwillig verqueren Drumstil entwickelte, mit dem sie richtungsweisende Schritte in Bands wie DNA, im Trio mit John Zorn und Wayne Horvitz oder der Frauenband Sunset Chorus setzte, gilt sie heute als einflussreiche Musikerin mit multimedialem Aktionsradius im Umgang mit dem Laptop. Mit strikter Konsequenz und Stringenz hat Mori anhand dieser Gerätschaft ihr emanzipiertes Drum Machine Vokabular um Soundwelten, in denen sie sowohl auf Errungenschaften von Vorreitern der elektronischen Musik wie den Komponisten Stockhausen und Eimert, den Minimalisten La Monte Young oder Terry Riley aber auch der Frühzeit des Krautrock, verbunden mit Namen wie Tangerine Dream oder Kraftwerk, Bezug nimmt, umfassend harmoni- und melodisiert. In einem Schichtverfahren baut sie konzise Klangmotive, periodische Rhythmussequenzen und Geräuschbündel, von einer transparenten Binnenstruktur ausgehend, zusammen. Mori betreibt allerdings kein simples Montageverfahren, sie entwickelt einen organischen, durchlässigen Verlaufsstrang. Der betört mit überraschenden Auswüchsen, abstrusen Windungen, prononcierter Distanz zu Zeitordnung und texturellen Konventionen aber auch melodischer Narrativität; permanent bewegt durch Echtzeitmanipulationen. Im zweiten Teil des Abends kreierte Mori einen Schrägriss von bisweilen bizarren Klangvignetten mit jenen Eigenheiten. Auf Basis von Samples und synthetischen Soundkreationen. Eingeleitet mit einem „Glockenspiel“ von überlagerten Terz- und Quintabständen, durchzogen mit groovenden Hooklines, polyrhythmischer Ekstase eines afrikanischen Balafon-Ensembles, brutzelnden, knisternden, durcheinanderwirbelnden Tontrauben, die ebenso einer rhythmischen Periodizität folgen. Die Verflüssigung in einen rhythmischen Zustand bleibt für Ikue Mori zentraler Aspekt. Ihr zudem emotionaler improvisatorischer Umgang mit den vorfabrizierten Klanginseln verströmt Unmittelbarkeit und berückende Wärme. Das ließ sich im ersten Konzertteil nicht so leicht aufspüren. Im Mittelpunkt stand hier ein Video, das sich inhaltlich um Mythologie und Sagengestalten drehte, inklusive der von Mori gespielten und gestalteten Puppen, und auf Mehrebenenweise ablief. Die damit kommunizierende Klangcollage, die eine gewisse Brüchigkeit aufwies, konnte nicht zu Gänze die gewohnte Versatilität herstellen. Doch Visuals und Musik ist ein ganz spezielles Thema. Vor allem wenn die Musik, wie im Falle Moris, von vorn herein schon unzählige Bilder im Kopf entstehen lässt. Seeds and Deeds – electrifying.