Fr 14. Juni 2019
20:30

Schmieds Puls 'Manic Acid Love' (A)

Mira Lu Kovacs: guitar, vocals
Beate Wiesinger: bass
Kathrin Kolleritsch: drums

Mit „Manic Acid Love“ führen Schmieds Puls auf ihrem dritten Album durch ein großes thematisches Triptychon menschlicher Emotionen in einem immer wiederkehrenden Kreislauf. Im elf Stücke umfassenden Zirkel begegnen wir bedingungsloser Hingabe (Manic), deren Schattenseite eine tiefe Verletzlichkeit sicht- und spürbar macht (Acid), die wiederum nur durch die menschliche Gabe zur Versöhnung überwunden werden kann (Love). Ein tiefgehendes Spektakel.

Was Mira Lu Kovacs, Christian Grobauer (dr) und Walter Singer (b) alias Schmieds Puls in den letzten Jahren auf Bühne und Tonträger gezaubert haben, variiert so stilsicher wie variantenreich zwischen den musikalischen Welten, dass die schubladisierende Zuordnung zwangsläufig unpräzise bleiben muss. Und das ist gut so – denn das lässt Raum, sich der instrumentalen Virtuosität, der kompositorischen Originalität und den Geschichten zu widmen, die uns erzählt werden.

Dass Songschreiberin Kovacs dieses Fach beherrscht, hat sie mit den bisherigen Alben „Play Dead“ (2013) und „I Care A Little Less About Everything Now“ (2015) eindrucksvoll vorgeführt. Auf der Strecke zu „Manic Acid Love“ liegen ein Amadeus Award (2016) für die Gruppe und Kovacs‘ erfolgreicher wie spektakulärer Ausflug in die Supergroup 5kHD - und das endgültige Reifen zu einer großen wie gefragten Bühnenpersönlichkeit, zuletzt bei der Eröffnung der Wiener Festwochen.

Für „Manic Acid Love“ strömt sinnbildlich die Lava aus dem Artwork. Schön und so unkontrollierbar wie gefährlich dient sie als pittoreske Bildmetapher. Die oberflächliche Schönheit hat es in Wahrheit faustdick hinter den Ohren. Umso tiefer emotionaler Schmerz sitzt, umso energischer muss er irgendwann raus.

Mit jeder Enttäuschung lädt er sich noch mehr auf; die durchschimmernde Wut und Verzweiflung entlädt sich erst zwischen den Zeilen, um schließlich in energischen Schimpftiraden in Richtung wohlerkämpftem „explicit lyrics“-Stempel zu gipfeln.

Und so ist das dritte Album von Schmieds Puls gleichzeitig das Lauteste. Waren die bisherigen Werke auch ein Findungsprozess, ist „Manic Acid Love“ kantiger und direkter. Es ist ein deutlicher Schritt weg von fremden und eigenen Erwartungshaltungen und dem Drang zum ultimativen Perfektionismus, hin zum Ausloten von Gegensätzen.

„Oh (You Lose Me)“ reduziert das Album in seiner Mitte auf die große Leere, im anschließenden Schlüsselstück „Superior“ bricht der Vulkan schließlich mit einem herzlichen „Fuck You“ - untermalt von plötzlich einsetzenden, deftigen Grunge-Gitarren – aus.
„Ein Teil von mir möchte, dass man sich vor mir fürchtet“, sagt Mira Lu Kovacs über die Erarbeitung eines neuen, emanzipierteren Selbstverständnisses ihres Schaffens. „Manic Acid Love“ fordert den Dialog mit selbstbewusster Härte, manchmal aggressiv ein, versteckt sich nicht, schreit die Beschwerde ‚in your face‘, setzt Grenzen für das Ertragbare - und der Wunsch der Songschreiberin wird auf mitreißende Art und Weise wahr. Nachdrücklicher ist die im Albumtitel zu findende „Manie“ kaum auszudrücken.

Ähnlich unbeugsam sucht sich die Lava ihren Weg und vermag so die Phasen menschlicher Beziehungen nach und nach auszuleuchten und ihre Fragilität zu zeigen. „Manic Acid Love“ ist so ein Verarbeitungsprozess, geradezu ein Drehbuch für einen therapeutischen Vulkanausbruch.

Zum Abschluss wird dem Hörer noch verraten, dass es trotzdem weitergehen wird („Where I Go Next“), dass die Fähigkeit, sich selbst als das zu aktzeptieren, was man ist, die notwendige Ausgangslage für Neues ist. Lava gilt schließlich – erst einmal erkaltet – nicht umsonst als fruchtbarster Untergrund für einen Neubeginn des Kreislaufs. (Pressetext)