Sa 1. September 2012
19:00

Behruz Heschmat (Iran) 'Skulpturen / Installationen'

Ausstellungsdauer: 01.10. 2012 - 03.11. 2012

Dort, wo
es Licht gibt,
lebt der Schatten.
Dort, wo
Schatten
stirbt,
gibt es
kein Licht.

Behruz Heschmat

Der aus Täbris (Iran) stammende Bildhauer Heschmat ist stets ein aus dem politischen Diskurs heraus agierender Künstler.
Diese Grundmotivation seines Schaffens steht keineswegs im Widerspruch mit der zeitlosen, nicht den aktuellen Zu- und Umständen verpflichteten Sensibilität seiner poetischen Gestaltungskraft, welche Heschmats Werke stets auszeichnet.
Der Iran, eine über 2500 jährige (Kultur)Geschichte vorweisend, existiert aktuell im Bewusstsein der westlichen Welt zumeist nur als dämonisiertes Feindbild: die Mehrheit der (wirtschafts)politischen Entscheidungsträger und viele der von ihnen beeinflussten Medien verweisen vordergründig und wahrlich scheinheilig auf eine verwerfliche "Achse des Bösen", der die vermeintliche Atommacht Iran mit ihren tatsächlich real existierenden zweitgrößten Erdölreserven der Welt unbedenklich zugerechnet wird.
Doch: Things ain't what they used to be...: (nicht nur) ein wunderbarer Blues von Duke Ellington. Die ungeheuere Vielschichtigkeit und Komplexität iranischer Vergangenheit und Gegenwart abzuhandeln: dazu fehlt in diesem Lost & Found-Newsletter der nötige Raum. Der Autor dieser Zeilen möchte sich jedoch folgende Literaturverweise gestatten, welche dem lesenden Hörer, dem hörenden Leser, dem stets kritisch abwägenden Lost & Found-Publikum ein differenzierteres Erscheinungsbild des alten Persiens, der Islamischen Republik Iran gestatten: diesem historischen wie brisant aktuellen Drehscheiben-Raum, Kampfplatz und Begegnungstätte zwischen Okzident und Orient.

Michael Lüders • Iran: der falsche Krieg
Wie der Westen seine Zukunft verspielt / München, 2012
*
Kamaran Safiarian • Pulverfass Iran
Wohin treibt der Gottesstaat? / Freiburg im Breisgau, 2011
*
Olivier Roy • Der falsche Krieg
Islamisten, Terroristen und die Irrtümer des Westens / München 2010
*
Peyman Jafari • Der Andere Iran
Geschichte und Kultur von 1900 bis zur Gegenwart / München 2012
*
Gerhard Schweizer • Iran
Drehscheibe zwischen Ost und West / Stuttgart 1991

Behruz Heschmat verließ seine im iranischen Aserbaidschan gelegene Heimat 1976 zur Zeit der Diktatur des Schah-Regimes von Mohammad Reza Pahlavi um in Wien ein Bildhauer-Studium zu beginnen. Seit 1983 lebt der zumeist Stahl verarbeitende Künstler in der Donausoblau-Metropole im Exil. Behruz Heschmat kehrte nie wieder in seine Heimat zurück.
Trifft man den Bildhauer in den Gassen von Wien begegnet man einem stets lächelnden Gesicht. Doch den grundgütigen wie unbestechlichen Augen dieses Meisters der künstlerischen Dokumentation seiner Zeit ist vieles nicht verborgen geblieben. Das mag den nicht nur Ferrum sondern auch Verse schmiedenden und durchaus kommunikativ-geselligen Bären Behruz Heschmat veranlasst haben, folgende Zeilen zu verfassen:

Ich brachte
die Mäuse
der Schmiedewerkstatt
um.
Ich wurde
einsam!

Ungemein "Fein"sinniges ist in den Räumlichkeiten des Clubs zu bestaunen: Ein Herzliches Willkommen!

Aus der Rede des ungarischen Dirigenten Ivan Fischer 2011 zum 9. November (Reichspogromnacht 1938):

(...) Lesen Sie die Hetzartikel? Sehen Sie die ultranationalistischen, fremdenfeindlichen und antiziganistischen Bewegungen, die europaweit zunehmen? Dann bitte ich Sie, endlich zu begreifen, dass in Europa nicht in erster Linie der Euro in Gefahr ist, sondern die Toleranz. Tun Sie etwas! Grenzen Sie sich von denen ab, die sich mit den Hetzern Kompromisse schließen und erschaffen Sie obligatorische Normen, die die Freiheit der BürgerInnen Europas garantieren!“ (...)

Tun Sie etwas: Jeden ersten Montag im Monat widmet "Lost & Found" jenen Anfängen, denen es stets zu wehren gilt. Gedacht wird an die vielen gewaltsamen Ausgrenzungen all jener selbsternannten (und manchmal auch mehrheitlich gewählten) Sitten-, Rassen-, Heimat- und Leistungswächter. Eingemahnt werden die schändlichen Vertreibungsstrategien all jener unheiligen Gralshüter, welche durch blutige Reinhaltungshysterien die von ihnen und ihresgleichen beanspruchten vermeintlichen Paradiese wertkonservieren wollen. „Der Trauernde siegt.“ Vielleicht hilft gerade diese von Laozi beschworene Ein-, Um-, Weit- und Weltsicht: Durch mahnendes Eingedenken der sinnlosen Aggression und Gewalt faschistoider Gemeinsamkeiten ein (frühzeitiges) Ende zu bereiten.

Tun Sie etwas! Zum Beispiel trauern. Jeden ersten MonatsMontag im Porgy & Bess.

Herzlich Willkommen: Renald Deppe.

P.S.:
Aber auch das sollte bitte (nicht nur) jeden ersten MonatsMontag möglich sein: Aus den Aufzeichnungen (1992-1993) eines Elias Canetti:

Bauern im südindischen Karnataka:
»Nach monatelangen fruchtlosen Protesten versammelten sie sich jetzt vor dem Parlamentsgebäude und lachten zwei Stunden lang die Regierung aus. 2000 Polizisten schauten tatenlos zu.«

(re_de)