So 11. September 2016
20:30
Comment C'est (How It Is)

Michael Mantler's Song Zyklus feat. Himiko Paganotti & MAX BRAND Ensemble (A/F)

Himiko Paganotti: voice
Michael Mantler: trumpet
David Helbock: piano

Max Brand Ensemble
Christoph Cech: conductor
Annegret Bauerle: flute
Peter Tavernaro: oboe
Gregor Narnhofer: clarinet
Eberhard Reiter: bass clarinet
Balduin Wetter: horn
Tobias Ennemoser: tuba
Joanna Lewis: violin
Simon Frick: violin
Simon Schellnegger: viola
Arne Kircher: cello
Hannes Enzlsberger bass
Voland Székely: vibraphone, marimba

Lieder über die Niedertracht
Mantler hegt ein großes Faible für Stimmen und ist ein ausgewiesener Literaturaficionado. Nun ist es so, dass Mantler ein besonderes Ohr für charismatische SängerInnen (man denke an Jack Bruce, Robert Wyatt, Mona Larsen) und die unumwundene Gabe besitzt, diese Stimmen und ausgewählte Texte in einen organischen Klangfluss einzubinden. Ein Klangfluss gepaart mit unorthodoxem Formdenken, wo er mit unverkennbarer Handschrift Tieftonbereiche, dunkle Klangfarbenschattierungen, mollgefärbte Konsonanzen, vertrackte Rhythmusraster, verquere Taktwechsel, unter gelegentlichem liebäugeln mit Rockparametern und repetitiven Mustersträngen, auslotet. Über die Jahrzehnte hat Mantler seine Kompositionsweise, seine Klangqualitäten ausdifferenziert und etablierte eine eigenständige, aperiodisch gegliederte Kunstliedform, die primär seiner Jazzzuneigung entspringt, aber für die Mantler auch von klassischen Funktionalismen, speziell jener der Impressionisten und, wie er selbst einmal betonte, den Sonoritäten des Avantgardisten Edgar Varése Anregungen entleiht. Mantler bekleidet diesbezüglich eine Ausnahmestellung, die er mit seinem aktuellen Songzyklus „Comment c´est (How It Is)“, in dem Themen über eine Welt die derzeit ziemlich aus den Angeln gehoben scheint reflektiert werden, untermauert. Im Zentrum des Liederreigens steht die phänomenale Stimme der französischen Sängerin Himiko Paganotti, die mit enormer Hingabe und Fertigkeit die Texte Mantlers, eingebettet in komplexe Melodielinien, angereichert mit teils abenteuerlichen Intervallsprüngen, zum Leben erweckte. Die instrumentale Umgebung bildete eine kammerorchestrale Inszenierung. Zum Erblühen gebracht von einem bestens disponierten Max Brand Ensemble, zuzüglich der beiden weiteren herausgestellten Solisten David Helbock am Klavier und Mantler selbst an der Trompete, unter der souveränen und motivierenden Leitung des großartigen Christoph Cech. Dem folgte, dass das Kollektiv mit Bravour die harmonischen, wie melodischen Nuancen mit all seinen aufregenden Verzweigungen aus der Partitur heraus kitzelten. Trotz all der strukturellen Gebundenheit besaßen die Lieder jene anregende elastische Beweglichkeit, was nicht zuletzt an Helbocks impulsiver Umsetzung seiner Parts lag, und zum anderen eine dynamische Leichtigkeit und veritable Atemfreiheit. In diese hinein pflanzte Mantler einige scharf konturierte, melodische Leuchtpunkte. Freigeist Mantler schuf mit „Comment c´est“ ein Opus von kontemplativ kammermusikalischer Grandezza mit pluralistischem Gestus, das durch die warme Klangfarbigkeit, gegeben durch die Instrumentierung mit viel Holzblas- und Streichinstrumenten, einfach eine dunkelgetränkte Schönheit verlautet. Abschließend sei dem einen oder anderen Journalisten ins Notizbuch geschrien: Alle Texte zum Song Zyklus „Comment c´est (How It Is)“ stammen aus der Feder des Herrn Mantler. So ist es.
Hannes Schweiger