So 10. April 2016
20:30

Tom Rainey Trio w/ Mary Halvorson & Ingrid Laubrock (USA)

Tom Rainey: drums
Mary Halvorson: guitar
Ingrid Laubrock: saxophone

Schlagfertige Menschenmusik
Als enorm gefragter Spielpartner bietet sich dem, mit umfangreicher Reputation ausgestatteten New Yorker Schlagzeuger nicht allzu oft Gelegenheit mit Projekten, denen er als „CEO“ – wie er es augenzwinkernd bezeichnet – vorsteht, „on the road“ zu sein. Derzeit tourt er jedoch mit seinem superben Trio durch die Lande, zu dem er zur Partizipation zwei hervorstechende, höchst eigenwillige Stilistinnen der jüngeren Jazzgeneration gebeten hat.
Ohne Umschweife hievte die Trias die Ereignishaftigkeit und emotionale Dringlichkeit der Musik auf ein zielstrebiges Niveau. Da jede(r) auch katalytisch seine Fähigkeiten in die Waagschale warf. Den Humus der determinationsfreien Improvisationen bereitete die flexibel meandernde Schlagwerkskunst Raineys, die in ihrer organischen Wechselwirkung zwischen Komplexität und Freimut in der Entwicklungslinie von Schlagzeuginnovatoren wie Motian, Williams oder Jones steht. Seine ausgeprägte Klanglichkeit und der melodische Feinsinn korrespondierten eindringlichst mit den harmonisch-melodischen Beweglichkeiten von Halvorson und Laubrock. So ließ er immer wieder schlichte 4/4-Beats mit multidirektionalen, geräuschimprägnierten Rhythmus-Katarakten in Austausch treten. Sowohl im Zeitmaß treibend als auch in offen flanierendem Zeitverlauf. Dieses permanente rhythmische Brodeln versetzten die beiden Musikerinnen, von Seiten Halvorsons, mit feinzisilierter Ornamentik, geformt aus ausdifferenzierten Akkordfortschreitungen und abenteuerlichen, teils sehr klug effektangereicherten Singlenotefolgen bzw. die Freitonalität ausreizende Ton/Geräusch-Unikate von Seiten Laubrocks. Beide Musikerinnen agierten zudem in einer bestechenden Bandbreite, von schlankem Ton mit lyrischer Färbung bis kernig kompromissloser Intonation reichend. Findig schöpfte das Trio für seine pluralistische Klangästhetik, wohldosiert, aus der Jazztradition gleichermaßen wie aus Klangeindrücken des Rockkanons oder der klassischen Avantgarde, was sie in spannungsdurchtriebene Crescendo-Decrescendo Abfolgen einbetteten. Faszinosum war schlussendlich die Wirksamkeit der subtilen Energetik, der vitalen, libertären Interaktion und die demokratische Achtsamkeit. Hannes Schweiger