Fr 16. April 2004
21:00
Balkan Fever

Sandy Lopicic Orkestar (Serbia/Kosovo/Bosnia/Slo/Bul/A)

Sandy Lopicic: keyboards
Vesna Petkovic: voice
Natasha Mirkovic-DeRo: voice
Irina Karamarkovic: voice
Martin Lubenov: accordeon
Kurt Bauer: accordeon
Matthias Loibner: hurdy-gurdy
Richard Winkler: saxophone, clarinet
Janez Vouk: trumpet
Imre Bozoki: trumpet
Bojan Petrovic: trumpet
Michael Bergbaur: trombone, tuba
Sasenko Prolic: bass
Jörg Mikula: drums
Stefan Bauer: sound

Sandy Lopicic und seine Leute gehen einige bedeutende Schritte weiter. Ihr Sound bedient zwar den Wiedererkennungseffekt der Romabrassmusik, sprengt jedoch den Rahmen reiner Folklore durch das Outfit einer zeit- und ortlosen Big-Band, die Trompete, Tuba und Posaune durch heiße Saxophongrooves ergänzt und mit Jazz- und Funkakzenten nicht nur die obligatorischen serbisch-bosnischen Kolos, Coceks, Sa-Sas auffettet, sondern ihren musikalischen Fokus auf den gesamten Balkanraum ausdehnt. Ihre Ausbildung in Jazz und Klassik, verbunden mit einer bedingungslosen Liebe zu den musikalischen Traditionen des Balkans, ließ die 15 Musiker eine facettenreiche und wuchtige Musik kreieren, die eine ethnische Tradition keinesfalls bloß jazzig nachempfindet, sondern musikalisches Wissen in deren traditionellen Kern einschmilzt, auf dass etwas Neues entsteht, das man weder in Ex-Jugoslawien noch in Österreich oder sonst wo je zuvor gehört hat. Ohne Jugo-Nostalgia, mit Gegenwartssinn und modernen Mitteln setzen sie fort, was das durch Nationalismus Getrennte einst verband. (Concerto)
Es ist kein Zufall, dass die populäre Grazer Balkan-Jazz-Big-Band unser Festival „Balkan Fever“ eröffnet. Das Sandy Lopicic Orkestar steht für smarten Crossover, eine Absage an erdschollengebunde „Authentizität“, aber trotzdem für Respekt vor und Wissen um die traditionellen Wurzeln der Musik.
Das Gründungs-Line-up setzte sich aus dem Ensemble der Grazer „Black Rider“-Inszenierung (Tom Waits\' Adaption des „Freischütz“-Stoffes) zusammen: Pianist und Arrangeur Sandy Lopicic, Musiker der Progressive-Folk-Band Deishovida und einige JazzmusikerInnen aus Ex-Jugoslawien. Lopicic beschloss den damals grassierenden Bregovic-Hype zu nützen und seine eigene Balkantruppe aus dem Boden zu stampfen. Die MusikerInnen stammten aus Bosnien, Serbien, dem Kosovo, Österreich und Deutschland. Seit über einem Jahr ist überdies der Bulgare Martin Lubenov (mit seinen Orfej am 24. 4., mit dem Martin Lubenov Orkestar am 2. Mai und mit der Wiener Tschuschenkapelle am 9. Mai im Tunnel!) Mitglied des Orkestars, seines Zeichens einer der besten Gypsy-Akkordeonisten unserer Zeit.
Ein Großteil des mondänen Flairs und der Grandezza des Orkestars verdankt sich jedoch den drei Sängerinnen, ihrem Charisma und ihrer stimmlichen Intensität, mit der sie Lieder des gesamten Balkanraumes der Folklore entwenden und in zeitlos-eleganter Schönheit glänzen lassen. Natasha Mirkovic-De Ro, Vesna Petkovic und Irina Karamarkovic sind alles andere als akustischer und optischer Aufputz, der wie slawischer Hochzeitsschmuck am Bandkonzept hängt, sondern dessen kraftvoll pochendes Herz & Hirn. Irina Karamarkovic wird übrigens am 1. Mai im Tunnel ihr eigenes Programm „Songs from Kosovo/Pesme sa Kosova“ präsentieren. Das Sandy Lopicic Orkestar wird mit der Festivaleröffnung im Porgy & Bess auch gleich seine neue, lang erwartete CD präsentieren.
Bombastische Sounds, heiße Grooves und drei Frauenstimmen, die unter die Haut gehen. Lebensbejahende Intensität und bis zum Umfallen tanzbare Luxusmusik. (Richard Schuberth)

Eine Veranstaltung im Rahmen von Balkan Fever